Die Tiere stammten dabei aus Bayern, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. C. ulcerans gehört zur sog. Diphtherie-Gruppe, deren Vertreter das sog. Diphtherietoxin bilden können. Als Zoonose-Erreger kann C. ulcerans bei Mensch und Tier Wundinfektionen verursachen. Somit ist es im Sinne des One Health-Ansatzes, der die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt im Zusammenhang betrachtet, diese Corynebakterien eingehend zu untersuchen. Die umfassenden Untersuchungen und der Vergleich der Isolate gelangen durch die bewährte und enge Zusammenarbeit veterinär- und humanmedizinischer Untersuchungsämter mehrerer Bundesländer, an der sich zwei Konsiliarlabore beteiligten.
Bei Bibern erstmals Corynebacterium ulcerans nachgewiesen
Der Europäische Biber (Castor fiber)
Der Europäische Biber wurde großflächig um 1850 in ganz Europa ausgerottet. Seit den 1970er Jahren konnte der Biber in Deutschland als eine der wenigen Wildtierarten wieder langsam erfolgreich angesiedelt werden. Der vorindustrielle Bestand von über 100.000 Tieren war nahezu völlig zusammengebrochen, erholte sich aber durch die Schutzbemühungen nun wieder auf geschätzte 40.000 Tiere in ganz Deutschland.
Der Biber ist in Deutschland eine besonders zu schützende Art [1,2]. So ist es verboten, Bibern nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten bzw. ihre Baue und Dämme zu beschädigen oder zu zerstören. Biber sind Nagetiere und leben in Familienverbänden mit strengen Territorien, die gegenüber Artgenossen verteidigt werden.
Corynebacterium ulcerans
C. ulcerans ist als Ursache von Haut- und Wundinfektionen bei Mensch und Haustieren, vor allem Hund und Katze, sowie Wildtieren (Igel, Hörnchen, Otter) bekannt. C. ulcerans hat zudem auch beim Menschen mittlerweile C. diphtheriae, den klassischen Erreger der Diphtherie, als häufigste Ursache Diphtherie-ähnlicher Erkrankungen in den Industriestaaten abgelöst. Während bei C. diphtheriae die Erregerübertragung von Mensch zu Mensch entscheidend für die Weiterverbreitung von Infektionen ist, spielt bei C. ulcerans die Übertragung vom Tier auf den Menschen (Zoonose) die zentrale Rolle.
Als besonders gefährlich gelten unter den C. ulcerans-Isolaten diejenigen, die das Diphtherietoxin bilden. Die weltweit erstmalige Beschreibung des Nachweises solcher toxigener C. ulcerans-Isolate bei Bibern ist deshalb von besonderem Interesse. So konnte C. ulcerans bei einem Biber im September 2015 im Main-Spessart-Kreis in Bayern, bei einem weiteren im Mai 2021 im Kreis Soest in Nordrhein-Westfalen und schließlich bei einem Biber im Juni 2022 im Stadtkreis Heilbronn in Baden-Württemberg isoliert werden. Zwei Tiere wurden tot aufgefunden, ein weiteres in erkranktem (moribundem) Zustand. Im Rahmen pathologisch-anatomischer Untersuchungen (Sektionen) konnten bei zwei Tieren massive eitrig-abszedierende Entzündungen der Unterhaut, der Lymphknoten und der Organe festgestellt werden. Bei zwei Bibern gelang aus den eitrigen Veränderungen und bei dem dritten Tier aus der Lunge die Isolierung von C. ulcerans.
Biber stellen somit ein bisher unbekanntes, potenzielles Reservoir für C. ulcerans dar. Aufgrund sehr geringen Kontaktes von Biber und Mensch stellt der Biber im Gegensatz zu Hund und Katze jedoch nur für wenige Menschen eine direkte Infektionsquelle dar.
Die Ergebnisse der Untersuchungen der Biber wurden ausführlich in einer Fachpublikation zusammengefasst [3].