Ziege die auf einem Holzpodest steht

Neues Scrapie-Anerkennungsverfahren für Zuchtziegen in Hessen

„Scrapie“ nennt man eine chronisch verlaufende und tödlich endende Erkrankung des Gehirns (Enzephalopathie) bei Schafen und Ziegen. Die Erkrankung, die auch gelegentlich als „Traberkrankheit“ bezeichnet wird, gehört zur Gruppe der Transmissiblen Spongiformen Enzephalopathien (TSE). Nach deutschem Tierseuchenrecht unterliegen diese Erkrankungen der „Anzeigepflicht“.

Scrapie - Was ist das?

„Scrapie“ nennt man eine chronisch verlaufende und tödlich endende Erkrankung des Gehirns (Enzephalopathie) bei Schafen und Ziegen.

Die Erkrankung, die auch gelegentlich als „Traberkrankheit“ bezeichnet wird, gehört zur Gruppe der Transmissiblen Spongiformen Enzephalopathien (TSE).

Nach deutschem Tierseuchenrecht unterliegen diese Erkrankungen der „Anzeigepflicht“.

Ursache der gesamten Gruppe vorgenannter Erkrankung sind sogenannte Prionen. Es handelt sich dabei um Eiweiße (Proteine), die im tierischen Organismus, besonders im Hirngewebe, unter normalen Bedingungen immer vorhanden sind, jedoch in unterschiedlichen Strukturformen vorkommen können. Man unterscheidet eine physiologische (normale) von der pathogenen (gesundheitsschädigenden) Strukturform, die auf eine Konformationsänderung des Eiweißmoleküls zurückzuführen ist. Prion-Eiweiße in normal strukturierter Form unterliegen einem stetigen Auf- und Abbau. Im Rahmen der Erkrankung ändern die Prionproteine jedoch ihre Tertiärstruktur (Faltung) und können von den körpereigegen Proteasen (proteinabbauende Enzyme) nicht mehr abgebaut werden. Die veränderten Prionproteine (PrPsc) regen zudem gesunde Prionproteine (PrP) dazu an, sich ebenfalls strukturell zu verändern. Der Anteil veränderter Prionproteine nimmt somit in den Zellen stetig zu. In der Folge werden die betroffenen Zellen zunächst geschädigt und gehen später vollständig zugrunde. Die durch den Zelltod verursachte schwindende Hirnsubstanz führt zu den typischen zentralnervösen Symptomen der erkrankten Tiere.

Die Bezeichnung leitet sich ab von den Wörtern „Protein“ und „Infektion“. Damit bezieht sich die Bezeichnung auf die Fähigkeit dieser pathogenen Eiweißmoleküle, ihre veränderte Struktur auf die physiologischen Prionen zu übertragen. Es handelt sich also nicht um Lebewesen, sondern um „infektiöse Proteine“ mit virusähnlichen Eigenschaften.

In den Körper gelangen sie am wahrscheinlichsten durch die mit pathogenen Prionen verunreinigte Nahrung (z. B. bei BSE, CWD). Auch eine Schmierinfektion kann bisher noch nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Pathogene Prionen können aber auch spontan, z.B. durch die Strukturänderung (Umfaltung) körpereigener physiologischer Prionen entstehen.

Auch die Scrapie- Erkrankung der Schafe und Ziegen wird durch diese fehlgebildeten Eiweiße ausgelöst. Der Ausdruck spongiform (schwammartig) beschreibt hierbei die Auswirkungen auf die Struktur des Gehirngewebes in Form einer Bildung von Hohlräumen (Vakuolen) des von der Erkrankung betroffenen Tieres. Die Folgen dieser strukturellen Hirngewebsveränderung sind dann klinisch in Form von Verhaltens- und Gangstörungen sicht- und wahrnehmbar. Zudem können erkrankte Schafe einen starken Juckreiz entwickeln. Die Tendenz, sich aufgrund dieses Juckreizes die Wolle abzuscheuern, findet sich auch in der englischen Bezeichnung Scrapie (von to scrape = kratzen) wieder.

In Norwegen wurde 1998 erstmals eine neue Variante von Scrapie festgestellt, die sog. atypische Scrapie. Diese unterscheidet sich von der klassischen Form zum einen dadurch, dass pathologisches Prion-Protein in unterschiedlichen Lokalistaionen des Gehirns, vor allem im Kleinhirn, weniger aber im Stammhirn, wie bei der BSE und der klassischen Scrapie, gefunden werden kann. Auch ist aus Abwehrzellen und Bindegewebszellen bestehendes (lymphoretikuläres) Gewebe nicht betroffen. Zum anderen gibt es Unterschiede in den biochemischen Eigenschaften beider pathologischen Prion-Proteine. Bei der atypischen Scrapie handelt es sich außerdem um eine Einzeltiererkrankung. Innerhalb einer Herde sind meist nicht mehr als drei Tiere betroffen. Mittlerweile machen „Atypische“ Scrapie-Fälle die Mehrzahl der deutschen Scrapie-Ausbrüche aus. In der gesamten EU macht diese Form der Erkrankung heute etwa 80 Prozent der positiv getesteten Fälle aus.

Wie wird Scrapie nachgewiesen?

Eine sichere Diagnostik ist meist erst nach dem Tod, also postmortal durch die feingewebliche (histologische) Untersuchung des Gehirngewebes möglich. Moderne Diagnostikmethoden wie Immunhistochemie, Immunoblotting (Western Blot, Dot Blot) oder Enzym-linked Immunosorbent Assay (ELISA) werden ebenfalls eingesetzt.

Verendete und geschlachtete Schafe und Ziegen, die über 18 Monate alt sind, werden im Rahmen so genannter Monitoring-Programme EU-weit in Form von Stichproben auf das Vorkommen von TSE untersucht. Die EU-Verordnung VO (EU) Nr. 999/2001 ist dabei rechtliche Grundlage aller TSE-Untersuchungen. Für die amtliche TSE-Untersuchung darf nur Probenmaterial aus einer spezifischen Region im Gehirn der Tiere, der sogenannten Obex-Region, bei Schafen zusätzlich auch spezielle Anteile des Kleinhirns, verwendet werden. Diese Stammhirnproben werden im Fachgebiet 2.3 (Virologie und Serologie) des LHL mittels eines zugelassenen ELISA auf das Vorhandensein von verändertem Prion-Protein untersucht. Für die Untersuchung wird aus der Probe, bestehend aus der Obexregion des Gehirns, Material entnommen und homogenisiert. Das veränderte Prionprotein kann dann direkt mittels ELISA  aus dem aufgearbeiteten Untersuchungsmaterial nachgewiesen werden. Wenn dieser initiale Test positiv reagiert, kann das Ergebnis zusätzlich durch eine feingewebliche Untersuchung im Fachgebiet 2.1 (Pathologie und Parasitologie) verifiziert werden. Am Referenzlabor (Friedrich Löffler Institut) erfolgt dann die Bestätigung mit einem weiteren Verfahren (Immunoblot).

Um zukünftig einen ungehinderten Austausch von Zuchtziegen unter hessischen Ziegenbeständen sowie mit Ziegenbeständen in anderen Bundesländern (s.o.), die den gleichen Status bezüglich der Scrapie-Erkrankung besitzen, zu gewährleisten, besteht in Hessen seit 2018 die Möglichkeit für ein Anerkennungsverfahren zum Erhalt des Status „Betrieb mit kontrolliertem Risiko“ für klassische Scrapie.

Der genaue Ablauf des neuen hessischen Anerkennungsverfahrens, in welches das Fachgebiet 2.4 (Tiergesundheitsdienste) des LHL sowohl bei der Planung, als auch Umsetzung eng eingebunden ist, kann einem speziellen Merkblatt (s. u. "Downloads") entnommen werden. Den entsprechenden Antrag (s. u. "Downloads") auf Anerkennung als Haltungsbetrieb mit „kontrolliertem Risiko“ bzw. mit „vernachlässigbarem Risiko“ für klassische Scrapie und Bestätigung über die Einhaltung der Bedingungen zur Erlangung des beantragten Status kann ebenfalls heruntergeladen werden.