Igel sind nützliche, besonders geschützte Wildtiere, die als Kulturfolger und Allesfresser auch heimische Gärten besuchen und hier beispielsweise Schnecken vertilgen. Bei dieser Lebensweise nahe beim Menschen, gefährden nicht nur Straßenverkehr und Rasenmäher die beliebten Tiere, sondern auch Krankheiten setzen ihnen zu.
Wir berichten über den Nachweis von einem ernstzunehmenden Infektionserreger, der bei Igeln bisher kaum bekannt war und geben einen kurzen Überblick über weitere Infektionsrisiken beim Umgang mit diesen liebenswürdigen Tieren.
Igel und Menschen
Vor und während der Winterruhe benötigen Igel häufiger unsere Pflege, um Krankheiten oder Verletzungen auszuheilen oder einen unzureichenden Ernährungszustand auszugleichen. Solche Igel werden regelmäßig von Igelfreunden dem Tierarzt vorgestellt, selbst vorübergehend gepflegt oder in Igelstationen und Tierheimen über den Winter einquartiert.
Gelegentlich werden Proben von Igeln in veterinärmedizinische Labore zur Diagnostik von Krankheiten und als Grundlage von Behandlungen eingesandt. Igel können dabei von zahlreichen Parasiten wie Zecken, Milben, Flöhen, Würmern (beispielsweise Egel [1]) geplagt sein, welche teilweise auch den Menschen befallen können. Bei der Pflege von Tieren können zudem krankmachende Mikroorganismen übertragen werden. Eine aktuelle Studie hat hierzu die Untersuchungsergebnisse von 95 Igeln aus der Umgebung von Hannover ausgewertet. Dabei wurden zahlreiche, zwischen Tieren und Menschen übertragbare Infektionserreger (sogenannte Zoonose-Erreger) nachgewiesen. Bei Igeln fanden sich beispielsweise Salmonellen, Leptospiren, Listerien, und Chlamydien, sowie verschiedene multiresistente Bakterien (Methicillin resistente Staphylococcus aureus / MRSA) [2]. Igel können theoretisch aber auch krankmachende Viren und einzellige Parasiten wie Giardien und Kryptosporidien übertragen. Auch Hautpilze werden gelegentlich nachgewiesen [3].
In einer aktuellen Studie wurden nun bei vier Igeln auch toxigene Corynebacterium ulcerans, nahe Verwandte des Erregers der klassischen Diphtherie (s. Infokasten), nachgewiesen [4]. Durch die Zusammenarbeit von fünf Landeslaboren und dem Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin (Leibniz-IZW) gelang nun ein Vergleich dieser bisher kaum beim Igel beschriebenen pathogenen Bakterien mit Isolaten aus anderen Tierspezies.
Die Krankheit Diphtherie
Die Diphtherie ist eine sehr ernste, von Mensch zu Mensch übertragbare Infektionskrankheit der oberen Atemwege. Sie tritt in Deutschland und anderen Industrienationen seit der Einführung der Impfung nur noch sehr selten auf, während sie in anderen Gegenden der Welt (z.B. Indien, Brasilien, Afrika) noch endemisch ist [5]. Sie wird klassischerweise durch das Bakterium Corynebacterium diphtheriae ausgelöst, das Träger eines entsprechendes Toxin-Gens (Diphtherietoxin) sein kann. In den letzten Jahren wird Diphtherie jedoch auch in den Industriestaaten wieder häufiger, vor allem in Form einer Haut- oder Wundinfektion, bei Reiserückkehrern aus Endemie-Gebieten diagnostiziert. Hierzulande erworbene Infektionen werden demgegenüber zunehmend durch Corynebacterium ulcerans verursacht [5]. Dieser Erreger wird vor allem von Tieren (Hunden, Katzen aber auch Nutztieren) auf Menschen übertragen und ist damit ein klassischer Zoonose-Erreger. Betroffen sind hierbei oft ältere Menschen mit chronischen Hautwunden und unzureichendem Impfschutz.
Die Rolle der Tiere
Bei Tieren wird Corynebacterium diphtheriae nur extrem selten nachgewiesen [5], während Corynebacterium ulcerans häufiger und meist ohne Krankheitserscheinungen bei einer Vielzahl von Tierarten vorkommt. Sind Haustiere, wie Hunde und Katzen betroffen, kennen wir zahlreiche Belege für einen Austausch dieser Bakterien zwischen Tieren und ihren Besitzern [5]. Bei erkrankten heimischen Wildtieren (Wildschwein, Reh, Fuchs) konnte bereits mehrfach C. ulcerans insbesondere aus Abszessen isoliert werden [ 6; 7]. Besonders für Jäger ergibt sich hieraus eine mögliche Infektionsgefahr [8].