Ein mit Chilipulver bestreuter Tortillachip der „Hot Chip Challenge“

Scharf, schärfer, „Hot Chip Challenge“

Bei Wettbewerben geht es immer wieder um den Verzehr von scharfen Gerichten und Zubereitungen. Aktuell gibt es die sogenannte Hot Chips Challenge, bei der ein mit extrem scharfen Chilipulver bestreuter Tortillachip verzehrt wird. Wie scharf sind diese Maischips?

Einleitung

Scharfe Speisen machen in vielen Gesellschaften wichtige Bestandteile der Ernährung aus. Die Bandbreite der dabei üblichen Schärfegrade differiert stark und ist auch sicherlich einem gesellschaftlichen Wandel unterworfen. Speisen die vor einigen Jahren noch als von der Durchschnittsbevölkerung als nicht verzehrbar gegolten hätten, sind heute eher im moderaten Bereich anzusiedeln. Auch wird ein gewisser „Gewöhnungseffekt“ beim Geschmackseindruck „scharf“ beobachtet, was zu immer extremeren Rezepturen führen kann. Dabei gibt es vielfältige pflanzliche Quellen für die Erzielung dieses Geschmackseindruckes. 

Stoffe mit scharfem Geschmack

Zahlreiche Verbindungen oder Verbindungsklassen, die diesen Eindruck hervorrufen, sind bekannt. Dies sind z.B. Isothiocyanate aus Senf, Meerrettich und Wasabi, Piperin aus Pfeffer und Shogaol aus Ingwer. Die wichtigste und die am breitesten Verwendung findende Gruppe der Scharfstoffe wird jedoch aus Paprikagewächsen gewonnen. Leitsubstanz neben einer Reihe von Begleitstoffen ist hierbei das Capsaicin [Abbildung 1].

Strukturformel von Capsaicin
Abbildung 1: Capsaicin

Messen des Schärfegrades mittels der Scoville-Scala

Da es sich, wie oben schon angedeutet, bei dem Geschmackseindruck „scharf“ wie bei allen Sinneswahrnehmungen um sehr subjektive Empfindungen handelt, wurde schon vor 100 Jahren versucht, für die aus Paprika und Chili resultierende Schärfe objektive Daten zu gewinnen. Die hierfür dienende sog. Scoville- Scala (benannt nach dem Pharmakologen Wilbur Scoville) kann letztendlich auf dem Gehalt an Capsaicin zurückgeführt werden.  Zur Ermittlung eines Scoville-Wertes oder einer Scoville unit (SCU) wurden ursprünglich 1 Gramm (g) gemahlener Chili in 100 Milliliter (ml) Alkohol suspendiert und das klare Filtrat solange mit Wasser verdünnt, bis keine Schärfe mehr festzustellen ist. Reines Capsaicin hat demnach 16,1 Millionen Scoville-Einheiten, es würden 16,1 Millionen Milliliter, also 16100 Liter, Wasser benötigt, um die Schärfe von 1 g Capsaicin zu neutralisieren [1].

Bei den zahlreich auf dem Markt verbreiteten Chili- und Paprikasorten ergibt sich ein breit gefächerter Schärfebereich, der von einem Scoville-Grad von 0 für „Gemüsepaprika“ bis zu 2,2 Millionen für den aktuellen Spitzenreiter „California Reaper“ [Abbildung 2] reicht.

drei rote Früchte von California Reaper
Abbildung 2: Früchte von California Reaper

Gesundheitliche Wirkungen von scharfen Speisen

Neben den bekannten temporären Effekten von scharfen Speisen wie Brennen auf der Zunge, Taubheitsgefühl und Augentränen können beim Verzehr von sehr scharfen Produkten ernste Gesundheitsschäden, wie Schleimhautreizungen, Übelkeit, Erbrechen, Bluthochdruck oder allergisch bedingte Unverträglichkeiten auftreten [1].  Auch sind schwerwiegendere Folgen bei kleinen Kinder in der Literatur beschrieben [2].

Wettbewerb beim Verzehr von besonders scharfen Zubereitungen

Dennoch ist immer wieder der Verzehr von besonders scharfen Gerichten und Zubereitungen Bestandteil von Wettbewerben oder sogenannte Challenges. In der Vergangenheit wurde dies insbesondere über extrem scharfe Würzen und Saucen erzielt beispielsweise bei „Currywurst“. Der neueste Trend in diesem Bereich ist die sogenannte „Hot Chips Challenge“, bei der ein mit extrem scharfen Chilipulver (u.a. laut Angaben aus California Reaper) bestreuter Tortillachip (Abbildung 3) am Stück verzehrt werden soll. Im Anschluss darf fünf Minuten nichts mehr zu sich genommen werden, um eventuell die eintretende Wirkung abzuschwächen. Es ist vorgesehen, die Reaktionen filmisch festzuhalten und der so entstandene Clip auf ein Internetportal hochzuladen. Zusätzlich befindet sich weiteres Material wie Kunststoffhandschuhe und Aufkleber in der Packung. Diese ist mit Warnhinweisen zum Verzehr und zur vorgesehenen Altersgrenze von 18 Jahren versehen. Allerdings sind diese Hinweise teilweise in Englisch abgefasst, sodass insbesondere für kleinere Kinder die Gefahr des Nichtverstehens besteht.

Ein mit Chilipulver bestreuter Tortillachip der „Hot Chip Challenge“

Ergebnisse und Fazit

Im Zuge des risiokorientierten Verbraucherschutzes wurden im LHL bisher 27 Proben (Stand Okt 2023) der „Hot Chip Challenge“ auf ihren Capsaicingehalt untersucht. Dabei ergaben sich Gesamtcapsaicingehalte von ca. 4000 bis 19700 Milligramm/Kilogramm (mg/kg) für den jeweilig enthaltenen Chip. Neben der auffallend hohen Schwankungsbreite ist die offensichtlich erreichbare absolute Höhe der Capsaicingehalte besorgniserregend. Bisher wurden nach einer Einschätzung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) Produkte (hier Würzsaucen) ab einem Gehalt von 6000 mg/kg Capsaicin als potenziell gesundheitsschädlich angesehen [2].

Für den Tortillachip in der Hot Chip Challenge kann diese Abschätzung nur bedingt herangezogen werden, da sich die „Verzehrsgewohnheiten“ von Würzsossen und der „Hot Chip Challenge“ stark unterscheiden. So kann beispielsweise davon ausgegangen werden, dass Würzsossen kaum direkt verzehrt werden, vor dem Kontakt mit der Mundschleimhaut also noch ein gewisser Verdünnungseffekt stattfindet. Bei mit den Vorgaben übereinstimmender Durchführung der Hot Chip Challenge, siehe oben, tritt jedoch eine bis zu mehr als dreifach erhöhte Capsaicinkonzentration direkt mit der Mundschleimhaut in Kontakt. Derzeit werden vom BfR weitere toxikologische Studien hierzu geprüft.

Stand:  Oktober 2023