Empfängliche Tierarten und Krankheitsbild
Das USUV wird von Stechmücken, v.a. der Gattung Culex übertragen, die in Deutschland und Europa weit verbreitet sind. Empfänglich für die Infektion sind vor allem diverse Vogelarten, darunter Amsel, Elster, verschiedene Meisenarten, Haussperling, Krähe, bestimmte Bussardarten, Habicht, manche Geierarten, Bartkauz, Sumpfohreule, Uhu, Waldkauz, Waldohreule, Taube, Mauersegler, Graureiher, Weißstorch, Lachmöwe und Kormoran. Bei vielen davon führt die Infektion nicht zu Krankheitserscheinungen. Andere zeigen dagegen schwere Krankheitssymptome bis hin zum Tod. Solche schweren Erkrankungen bis hin zum Massensterben fielen in der Vergangenheit v.a. bei Amseln auf. Aber auch Eulenvögel sind empfindlich gegenüber der Infektion. Die Krankheitserscheinungen äußern sich dann vor allem in Form von allgemeiner Schwäche sowie Koordinations- und Orientierungsstörungen aufgrund von Entzündungen im zentralen Nervensystem.
Erkrankungswellen unter empfänglichen Vogelarten treten charakteristischerweise im Spätsommer und Herbst auf, wenn die übertragenden Mücken am aktivsten und zahlreichsten sind. Zum Winter hin kommt es dann, entsprechend der abnehmenden Mückenpopulation, wieder zu einem Abflauen der Infektionsraten mit dem USUV.
Relevanz des USUV für Menschen und andere Säugetiere
Neben Vögeln kann vereinzelt USUV auch auf Menschen oder Pferde übertragen werden, wenn sie von einer USUV-infizierten Mücke gestochen werden. Mensch oder Pferd stellen dann einen Fehlwirt für das Virus dar, bei dem i.d.R. keine Erkrankung ausgelöst wird. So wurden bei Studien an humanen Blutspenden Antikörper gegen USUV in Proben von Personen gefunden, die zuvor keine Krankheitszeichen an sich bemerkt hatten. Es kann aber in Einzelfällen zu einer fieberhaften Allgemeinerkrankung oder in seltenen Fällen zur Entwicklung einer Hirnentzündung (Enzephalitis) kommen. Letzteres betrifft insbesondere Personen mit geschwächtem Immunsystem. Eine solche Enzephalitis äußert sich dann beim Pferd u.a. über Koordinations- oder Orientierungsstörungen und gegebenenfalls Fieber, oder auch Krampfanfälle. Bei Menschen treten in einem solchen Fall Symptome wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Fieber, steifer Nacken, Lichtempfindlichkeit, psychische Veränderungen, Krampfanfälle, Seh- und Hörstörungen oder Gelenk- und Muskelschmerzen auf.
Impfstoffe zur Vorbeugung sind nicht verfügbar.
Vorkommen von USUV in Europa
Erste Hinweise auf die Präsenz des Virus in Europa wurden in Proben aus dem Jahr 1996 in Italien gefunden. 2001 kam es dann in Österreich zu einem ersten, durch USUV ausgelösten, Massensterben unter Amseln. Weitere ähnliche Ereignisse wurden in den Folgejahren auch in Ungarn (2005), der Schweiz (2006) und Italien (2006) beobachtet. Das Virus selbst oder Antikörper gegen USUV wurden zudem bei Vögeln aus vielen anderen europäischen Ländern nachgewiesen, ohne dass gehäufte Todesfälle aufgefallen sind: darunter Belgien, die Niederlande, Ungarn, Großbritannien, Polen und Tschechien. Es ist daher davon auszugehen, dass das Virus inzwischen in Europa weitverbreitet vorkommt.
In Deutschland kam es 2011 erstmals zu einem Amselsterben im südwestdeutschen Raum. Mit weiteren Viruswellen 2016 und 2018 erfolgte dann wenige Jahre später die Ausbreitung des Erregers praktisch über das gesamte Bundesgebiet. Seitdem treten in unregelmäßigen Abständen regionale Epidemien mit vermehrtem Versterben von Singvögeln auf, während sonst die meiste Zeit über nur sporadische Infektionsfälle bei Einzeltieren nachgewiesen werden. Über aktuelle Entwicklungen informiert das Friedrich-Loeffler-InstitutÖffnet sich in einem neuen Fenster.
Wie und warum breitet sich das Virus aus?
Generell können Erreger, die von Insekten übertragen werden, durch Verschleppung von infizierten Mücken durch Schiffs- oder Flughandel verbreitet werden. Lokal kann es auch zur Verdriftung von Mücken durch Wind kommen. Beim USUV geht man aber davon aus, dass hauptsächlich infizierte Zugvögel das Virus in Europa eingetragen haben. Lokal nahmen dann die natürlicherweise in Europa vorkommenden Culex-Stechmücken das Virus aus den Vögeln auf, sodass sich ein Vogel-Mücken-Infektionszyklus etablierte. Am leichtesten konnte sich das Virus dabei in Regionen halten, die günstige Lebensbedingungen für die Mückenwirte boten, da diese einen wichtigen Faktor für die Überwinterung des Virus darstellen. Daher konzentrierten sich Virusnachweise in Deutschland zuerst auf Regionen mit höheren Durchschnittstemperaturen, wie das Rheintal von Südwest-Deutschland bis nach Köln, sowie die Rhein-Main-Region. Begünstigt durch den generellen Anstieg der deutschen Durchschnittstemperaturen in den letzten Jahren, kam es dann ab 2016 zur Ausbreitung des USUV in ganz Deutschland.