Herpesviren sind in der Pferdepopulation weit verbreitet. Sie haben die Eigenschaft eine so genannte persistente Infektion hervorzurufen. Was bedeutet, dass - wie bei anderen Virusinfektionen - eine vollständige Elimination des Erregers nach einer überwundenen Infektion nicht möglich ist. Einmal infizierte Pferde bleiben daher meist lebenslange Virusträger (ca. 90 Prozent der Pferdepopulation). Das Virus zieht sich in bestimmte Nervenzellen (z.B. in das Trigeminusganglion) zurück und ist somit dem Immunsystem mit seinen Abwehrzellen nicht mehr zugängig. Treten nun Stresssituationen, wie Transporte, Sportveranstaltungen, andere Erkrankungen etc. auf, kann es meist völlig symptomlos zu einer Virusfreisetzung kommen. Die Ansteckung nicht infizierter Pferde erfolgt dann durch Tröpfcheninfektion.
Prinzipiell führen die Herpesvirusinfektionen EHV 1und EHV 4 beim Pferd zu Entzündungen der Atemwege, wobei sich die Erkrankung insbesondere in den oberen Luftwegen (Nase, Kehlkopf), unter Umständen jedoch auch in der Lunge manifestiert. Werden Stuten während der Trächtigkeit infiziert, kann es zum so genannten Virusabort kommen. Das Virus befällt die Gebärmutter und Plazentaschleimhäute, sodass durch den aufgrund der Infektion auftretenden Nährstoffmangel der Fetus abstirbt. Sehr späte Infektionen während der Trächtigkeit können zur Geburt lebensschwacher, häufig kurz nach der Geburt verendender Fohlen führen.
Seltener können auch durch Entzündungsvorgänge im Rückenmark Lähmungserscheinungen, besonders an den Hintergliedmaßen betroffener Pferde auftreten. Das EHV 2- Virus manifestiert sich als Entzündung der Bindehaut und Hornhaut des Auges. Auch mildere Erkrankungen der oberen Luftwege sind möglich EHV 3 ist Ursache einer Genitalinfektion. Hierbei erfolgt die Virusübertragung durch den Deckakt.
Die Inkubationszeit einer EHV-Infektion beträgt in der Regel zwei bis fünf, manchmal auch zehn Tage. Zunächst tritt eine fieberhafte Allgemeinstörung (bis 40,5 °C) auf. Es folgen dann meist Husten sowie Nasen- und Augenausfluss. Vorübergehend kann labordiagnostisch ein Mangel an Abwehrzellen (eine so genannte Neutropenie und Lymphopenie) festgestellt werden. Innerhalb von zwei bis sechs Wochen nehmen die Krankheitssymptome ab, und es kommt in den meisten Fällen zu einer vollständigen Heilung. Nicht selten auftretende bakterielle Zweitinfektionen komplizieren allerdings den Krankheitsverlauf. Die Infektion bei tragenden Stuten kann zum Abgang des Fohlens führen.
Bei der Erkrankungsform mit Beteiligung des Rückenmarks treten nach einer kurzen, oft unbemerkten Fieberphase Koordinationsstörungen in Form eines schwankenden Gangs und Lähmungserscheinungen, besonders an den Hintergliedmaßen, auf. Da die Entzündungsvorgänge auf das Rückenmark beschränkt sind, ist das Bewusstsein ungestört. In schwerwiegenden Fällen kann es sogar zum Festliegen mit Störungen des Kot- und Harnabsatzes kommen.
Das Auftreten von Krankheitszeichen führt zunächst nur zu einer Verdachtsdiagnose. Nur der direkte Virus(genom-)nachweis (Virus-DNS) aus Blut, Sekreten oder Rückenmarksflüssigkeit ist beweisend für die Infektion. Zwei aufeinander folgende Blutproben im Abstand von mehreren Tagen ermöglichen den indirekten Nachweis über die Antikörper gegen EHV 1 und EHV 4 im Patientenblut.
Entsprechende Untersuchungen können in der Veterinärabteilung des Hessischen Landeslabors in Gießen durchgeführt werden.