Was sind Hantaviren?
Unter der Familie der Hantaviren (Hantaviridae) wurden verschiedene Virusarten zusammengefasst. Es handelt sich dabei um so genannte Einzelstrang RNA-Viren, die weltweit auftreten (somit auch in Mitteleuropa) und zum Teil verschiedene Erkrankungen hervorrufen. Aufgrund genetischer und serologischer Unterschiede, zusammen mit der Besiedlung unterschiedlicher Nagetier-Wirtsreservoire erfolgt eine Untergliederung in verschiedene Spezies. Zu den bekanntesten Hantavirus -Spezies zählen: das Hantaan-, das Puumala-, das Dobrava-Belgrad-, das Seoul-, das Sin Nombre- und das Andesvirus.
Wo kommen Hantaviren her?
In Deutschland wird in den südlichen und westlichen Landesteilen überwiegend das Puumalavirus gefunden, während in im Norden und Osten Deutschlands das Dobrava- Belgrad nachgewiesen werden kann. In 2017 haben bundesweit die Erkrankungen durch das Hantavirus im Vergleich zum Vorjahr zugenommen. Gemäß erfasster Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) von 2017 sind bis Anfang Dezember bundesweit 1750 Hantavirus-Fälle beim Menschen gemeldet worden. Damit liegt die Zahl deutlich über der des Vorjahres (299 Fälle). Auch in Hessen sind die Fallzahlen sprunghaft angestiegen: Wurden in 2016 insgesamt acht Fälle registriert, waren es in 2017 (bis einschließlich 49. Meldewoche) bereits 108. Zusätzlich kann noch eine unbekannt hohe Dunkelziffer unterstellt werden, da aufgrund der manchmal untypischen Symtomatik der Erkrankung nicht alle Hantavirus-Infektionen diagnostisch und somit auch meldetechnisch erfasst werden.
Wie äußert sich die Erkrankung?
Die Krankheits-Symptome beim Menschen ähneln meist denen eines grippalen Infektes: Die Erkrankung beginnt mit hohem Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, Sehstörungen, Husten, Erbrechen, Durchfall und Bauchschmerzen.
Bei der Hantavirus Infektion handelt es sich um eine klassische Zoonose d.h. eine vom Tier auf den Menschen übertragbare Infektionskrankheit. Für den Menschen pathogene Hantaviren werden von infizierten Nagetieren auf den Menschen übertragen. Auffällig ist eine enge Assoziation zwischen Hantavirus- Spezies und den Nagetierwirten. Somit ist das Auftreten der Hantaviren eng mit dem Verbreitungsgebiet der entsprechenden Nagetierspezies verbunden. Demzufolge werden Ausbrüche als Folge der Zunahme der Population dieser Nager gesehen. Diese kann wiederum neben klimatischen Faktoren, wie milde und schneereiche Wintermonate, auf ein erhöhtes Nahrungsangebot, wie eine massive Buchenfruktifikation („Buchenmast“) zurückgeführt werden. In Europa und Asien sind Mäuse und Wühlmäuse die Nagetierwirte der Hantaviren. Diese scheiden mit dem Speichel, den Fäkalien und dem Urin große Mengen an Erregern aus.
Diese Nager, in Deutschland besonders die Rötel- (Puumalavirus) oder Brandmaus (Dobrava- Belgrad- Virus) erkranken selbst nicht, bleiben allerdings lebenslang Erregerausscheider. Die Übertragung auf den Menschen kann sowohl durch den direkten Kontakt, auch den Bisskontakt, die orale Aufnahme, zum Beispiel durch mit Ausscheidungen infizierter Nagetiere kontaminierte Lebensmittel, überwiegend jedoch durch Einatmen erregerhaltigen Staubs erfolgen. Die Infektionsfähigkeit der Hantaviren bleibt auch in getrocknetem Zustand mehrere Tage erhalten. Über die getrockneten Ausscheidungen bzw. den Staub können die Erreger als Schwebeteilchen, so genannte Aerosole, in die Luft gelangen. Werden zum Beispiel lange unbenutzte Gebäudeteile gereinigt, die mit Ausscheidungen infizierter Nager kontaminiert wurden, ist eine Infektionsmöglichkeit für den Menschen gegeben. Die Inkubationszeit, also die Zeit zwischen Infektion und dem Auftreten erster klinischer Symptome beträgt bei der Hantavirus-Infektion im Regelfall zwei bis vier Wochen, wobei auch kürzere und längere Fristen vorkommen können.
Ein Großteil der Hantavirus-Infektionen beim Menschen verläuft ohne klinische Symtome bzw. mit unklarer Symtomatik. In der Folge unterbleibt die labordiagnostische Abklärung (s.u.). Dennoch können unterschiedlich schwere Krankheitsverläufe beobachtet werden, die u.a. vom verursachenden Virustyp der Hantaviren abhängig sind: Stehen bei den in Europa und Asien vorkommenden Hantaviren Nierenschädigungen mit Störungen der Blutgerinnung im Vordergrund, werden in Nord- und Südamerika schwere Lungenentzündungen beobachtet. Die in Deutschland seit 2001 nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtige Erkrankung beginnt mit den oben beschriebenen Symptomen eines grippalen Infekts. Im weiteren Verlauf können Nierenschädigungen, Gerinnungsstörungen und eine Beteiligung des zentralen Nervensystems auftreten. Die Erkrankung heilt in den allermeisten Fällen ohne weitere Folgen aus. Schwerere Verlaufsformen müssen allerdings im Krankenhaus behandelt werden. Generell kann in Deutschland eine höhere Krankheitshäufigkeit bei Personen, die in der Land- und Forstwirtschaft tätig sind, festgestellt werden.
Der Nachweis einer Hantavirus- Infektion erfolgt meist aufgrund des mehr oder weniger typischen Krankheitsbildes zusammen mit spezifischen Laborwerten. Der Virusnachweis ist aufgrund einer nur kurzen Virämiephase eher ungebräuchlich. Für die serologische Diagnostik, also den Nachweis Erreger-spezifischer Antikörper im Patientenserum werden verschiedene Elisa- Tests verwendet.
Gibt es eine Behandlung?
Hantavirus Infektionen werden beim Menschen in Deutschland meist nur symptomatisch behandelt. Dabei kann in schwerwiegenden Fällen auch eine intensivmedizinische Behandlung erforderlich werden, um die akute Niereninsuffizienz oder die erhöhte Blutungsneigung therapeutisch zu beherrschen.
Wie kann man sich gegen eine Hantavirus-Infektion schützen?
Da aktuell weder ein zugelassener Impfstoff noch eine erregerspezifische Chemotherapie zur Verfügung stehen, stellt die Prophylaxe gegenüber der Exposition mit dem Erreger die wichtigste Maßnahme zur Verhütung einer Hantavirus-Infektion dar. Als wirksamster Schutz wird die Vermeidung des Kontakts mit den Ausscheidungen der Nagetierwirte angesehen. Diese ist durch eine intensive Bekämpfung von Nagern in wohnungsnahen Bereichen zu erreichen. Die Einhaltung allgemeiner Hygieneregel (Lebensmittellagerung, Umgang mit toten Nagetieren, Hygieneschutzmaßnahmen, Desinfektion etc.) sind ebenso wichtig. Zu diesem Themenkomplex sind Merkblätter und weitere Informationen vorhanden (siehe unten unter „Links“).
Kann man verdächtige Nagetiere auf Hantavirus untersuchen lassen?
Im Rahmen einer Kooperation mit dem Friedrich Löffler Institut auf der Insel Riems können bei bestimmten Fragestellungen Tierkörper verendeter Nagetiere auf das Hantavirus untersucht werden. Entsprechende Vorarbeiten werden am Hessischen Landeslabor in Gießen durchgeführt. Die aufgearbeiteten Proben werden dann dem FLI zum endgültigen Nachweis des Erregers übersandt.