Ein Wildschwein steht auf einer Lichtung und schaut aufmerksam

Afrikanische Schweinepest bei Wild- und Hausschweinen: Diagnostik, Nachweise und Aufgaben des LHL

Die Afrikanische Schweinepest ist eine Tierseuche, die auf EU-Ebene in die höchste Kategorie (Kategorie A) eingestuft wird und unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten mit dem klar definierten Ziel der Eradikation (Auslöschung) bekämpft werden muss.

Der folgende Artikel informiert Sie über Wissenswertes zur Tierseuche Afrikanische Schweinepest und zeigt die Situation des Ausbruchs in Südhessen mit dem Stand von Anfang September 2024 auf.

Erkrankung

Der Erreger ist das Virus der Afrikanischen Schweinepest (ASPV), ein behülltes, sehr widerstandsfähiges und komplexes Virus, wogegen aktuell keine in der EU zugelassenen Impfstoffe erhältlich sind. In Afrika gehören Warzenschweine oder Buschschweine zu den empfänglichen Arten. Für sie verläuft eine Infektion meist symptomlos, weshalb sie als Virusreservoir und Überträger angesehen werden. Für Haus- und Wildschweine verläuft die Infektion fast immer tödlich. Menschen oder andere Tiere können sich nicht infizieren.

Die typischen Symptome beim akuten Krankheitsverlauf sind hohes Fieber, Schwäche bis hin zum Festliegen, Atembeschwerden, Durchfall, neurologische Störungen und rötliche bis bläuliche Hautverfärbungen insbesondere an Ohren, Schwanzspitze, Gliedmaßen und Bauch.

Die Obduktionsbefunde werden dominiert von Blutungen und Flüssigkeitsansammlungen (Ödemen) in verschiedenen Organen. So werden am häufigsten punktförmige Blutungen in den Nieren (Abb. 1) und eine dunkelrote Färbung der Körperlymphknoten festgestellt. Weitere häufige Auffälligkeiten sind eine geschwollene schwarzrot gefärbte Milz, ein Ödem in Lunge und Gallenblase sowie freie Flüssigkeit in Brust- oder Bauchhöhle.

Übertragungswege

Blut von infizierten Tieren stellt ein besonders hohes Infektionsrisiko dar. Auch Fleisch und Wurstprodukte von infizierten Tieren oder deren Kadaver behalten Monate bis Jahre ihre Ansteckungsfähigkeit. Grundsätzlich können jedoch alle Körperausscheidungen infektiös sein, weshalb eine Ansteckung durch direkten oder indirekten Kontakt häufig ist. Lederzecken, die in tropischen und subtropischen Regionen vorkommen und Blut von infizierten Schweinen aufgenommen haben, können das Virus beispielsweise über Jahre weitergeben. Dieser Übertragungsweg ist allerdings in Deutschland nicht von Bedeutung. Typische Gefahrensituationen für eine Verbreitung stellen beispielsweise rohe Wurst- und Fleischprodukte von infizierten Wild- oder Hausschweinen, die in der Natur oder über Hausschweine „entsorgt“ werden, Feldfrüchte oder Stroh aus infizierten Gebieten als Schweinefutter oder direkter oder indirekter Kontakt durch unzureichende Abschirmung gehaltener Schweine von Wildschweinen dar. Die Persistenz und Infektiosität des Erregers in der Umgebung spielen bei der Übertragung eine entscheidende Rolle, was eine Tilgung der ASP in betroffenen Gebieten erschwert.

Verbreitung in der EU und Deutschland

Aus europäischer Sicht grassierte die ASP von 1995 bis 2007 zunächst nur auf Sardinien. Im Jahr 2007 folgten Ausbrüche mit afrikanischem Ursprung in Georgien, von wo sie sich auf die Nachbarländer ausbreiteten. Ein Eintrag in die EU erfolgte 2014 mit Ausbrüchen in den baltischen Staaten sowie in Polen. 2017 traf es Tschechien und Rumänien, 2018 Ungarn und Belgien. Dabei findet eine Verbreitung sowohl über Wanderbewegungen von Wildschweinen, als auch über sogenannte Punkteinträge (z.B. Tschechien oder Belgien) – Ausbrüche in zuvor freien Gebieten, die nicht mit natürlichen Wildschweinewanderungen in Verbindung stehen – statt.

Die Entwicklung ist seitdem dynamisch. Nach und nach sind auch südeuropäische Staaten hinzugekommen, unter anderem Italien, Griechenland und einige Balkanstaaten. Seit 2023 gibt es außerdem einen Ausbruch in Schweden. Einzelne Ausbrüche konnten andererseits wieder als getilgt eingestuft werden: Belgien gilt zum Beispiel seit Ende 2020 wieder offiziell als frei.

In Deutschland wurde 2020 erstmals ein infiziertes Wildschwein in der Nähe der deutsch-polnischen Grenze entdeckt. In Brandenburg und Sachsen kommt es seither regelmäßig zu Funden bei Wildschweinen, zwischenzeitlich waren auch kleine Gebiete in Mecklenburg-Vorpommern von der ASP bei Wildschweinen betroffen.

Ausbrüche in Hausschweinebeständen in Deutschland erfolgten ein Jahr später gleich dreimal in Brandenburg und einmal in Mecklenburg-Vorpommern. Im Jahr 2022 traf es je einmal Baden-Württemberg, Niedersachsen und Brandenburg, in 2023 erneut Brandenburg. In Baden-Württemberg und in Niedersachsen konnte die ASP trotz einzelner Ausbrüche beim Hausschwein nicht bei Wildschweinen nachgewiesen werden. Dieses Jahr gab es zunächst einen Fall bei Hausschweinen in Mecklenburg-Vorpommern.

Die ASP erreicht Hessen

Um eine Früherkennung des Eintrages der ASP in Hessen zu gewährleisten, werden bereits seit Jahren stichprobenartig Proben von gesund erlegten bzw. krank erlegten oder verendet aufgefundenen („gefallenen“) Wildschweinen sowie von kranken oder verendeten Hausschweinen untersucht.

Am 14. Juni 2024 wurde ein Wildschwein aus dem Kreis Groß-Gerau wegen auffälligen Verhaltens geschossen und im Rahmen dieses Monitorings zur Untersuchung an den Landesbetrieb Hessisches Landeslabor (LHL) verbracht. Bei der Sektion fielen hochgradige Veränderungen in den Nieren auf (Abb. 1), die den Verdacht auf eine Infektion mit dem Virus der Afrikanischen Schweinepest (ASP) zuließen. Am gleichen Tag durchgeführte molekularbiologische Untersuchungen bestätigten diesen Verdacht. Die offizielle Bestätigung des LHL-Befundes durch das nationale Referenzlabor für ASP am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) erfolgte einen Tag später.

Punktförmige Blutungen (Petechien) in der Niere des am 14. Juni 2024 in Groß-Gerau erlegten Wildschweins.
Abbildung 1: Punktförmige Blutungen (Petechien) in der Niere des am 14. Juni 2024 in Groß-Gerau erlegten Wildschweins.

Seitdem weitet sich das betroffene Gebiet mit Funden innerhalb der hessischen Landkreise Groß-Gerau, Bergstraße und Darmstadt-Dieburg, aber auch darüber hinaus in den angrenzenden Bundesländern Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg aus. Im Juli wurden in Hessen acht Hausschweinebestände positiv auf ASP-Virus getestet und mussten geräumt werden. Die Betriebsstruktur der betroffenen Betriebe reichte dabei von Kleinsthaltung mit wenigen Schweinen bis zu Sauenhaltungen mit insgesamt über 2000 Tieren. Wie das Virus in die Betriebe eindringen konnte, ist bisher unklar. Die Schweinehaltungen befinden sich jedoch in räumlicher Nähe zueinander und zum Kühkopf, einem Naturschutzgebiet, welches stark von der ASP bei Wildschweinen betroffen ist. Das Friedrich-Loeffler-Institut ist in die epidemiologischen Untersuchungen eingebunden. Im August wurde das ASP-Virus in einen Hausschweinebestand in Rheinland-Pfalz außerhalb von Restriktionszonen nachgewiesen. Auch hier ist die Eintragsursache noch unklar.

Untersuchungsablauf am Landeslabor

Die Untersuchung auf ASPV erfolgt am LHL in erster Linie durch den Nachweis spezifischer ASP-Genomabschnitte nach der Aufreinigung der DNA mittels Realtime-PCR. Da das Virus vor allem zellgebunden im Blut vorliegt, besteht das beste Probenmaterial aus einer gerinnungsgehemmten Blutprobe. Sollte eine Gewinnung dieser Probe nicht möglich sein, kommt ein in Blut getränkter Tupfer in Frage. Sind die Tiere bereits länger tot bzw. handelt es sich um aufgefundene Kadaver, kann das Virus auch in Organmaterial (z. B. Milz) über einen längeren Zeitraum nachgewiesen werden.

In der Regel erfolgt die Gewinnung dieses Probenmaterials bei Wildschweinen direkt an der Fundstelle des Kadavers, im Anschluss werden die Tierkörper zu den eingerichteten Sammelstellen verbracht. Bei zu untersuchenden Hausschweinen erfolgt die Beprobung direkt auf dem Betrieb.

Steht keine Sammelstelle zur Verfügung oder handelt es sich um stark verweste Kadaver, bei denen eine Beprobung vor Ort nicht durchführbar ist, so werden die Tierkörper(teile) zur Untersuchung an den LHL verbracht. Diese werden dort in der Sektionshalle unter strengsten hygienischen Bedingungen bearbeitet, um Kontaminationen der Proben untereinander zu verhindern. Daher werden stets Proben von Hausschweinen vor jenen von Wildschweinen bearbeitet und Proben aus bisher nicht betroffenen Gebieten vor Proben aus der bereits infizierten Zone. Grundsätzlich erfolgt die Bearbeitung nach der Untersuchung von sonstigem Untersuchungsgut und nach einer Desinfektion der Räumlichkeiten.

Steht aufgrund des Verwesungszustandes kein besser geeignetes Probenmaterial mehr zur Verfügung, wird ein Virusnachweis aus Knochenmark oder knöcherner Spongiosa (Geflechtknochen) versucht. Die Gewinnung des Probenmaterials erfolgt in der Sektionshalle des LHL durch mechanische Zertrümmerung der Knochen in einer geschlossenen Plastikumhüllung.

Proben mit positiven sowie unklaren Ergebnissen werden zur Verdachtsbestätigung bzw. weiteren Abklärung an das nationale Referenzlabor (NRL) für ASP am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) weitergeleitet.

Da betroffene Tiere meist innerhalb kurzer Zeit verenden und das ASPV-Genom über lange Zeit im Blut der Tiere nachweisbar ist, spielt der Antikörper-Nachweis (Serologie) eine eher untergeordnete Rolle. Dieser kommt am LHL in Form kommerzieller ELISA-Tests bei Blutproben von Wildschweinen oder Hausschweinebeständen zum Einsatz, um den seltenen Fall eines genesenen Tieres zu erkennen. Bislang fielen alle serologischen Untersuchungen negativ aus.

Probenaufkommen, Bereitschaftsdienst und Amtshilfe

Durch die intensivierte Fallwildsuche in den betroffenen Landkreisen sowie teilweise verstärkte Bejagung in angrenzenden Gebieten ist die Zahl an Wildschweinproben in den Monaten Juli und August deutlich gestiegen (Abb. 2). 

Anzahl an Realtime-PCR Untersuchungen auf ASPV bei Wildschweinen in den Jahren 2014 bis 15.08.2024 Für nähere Informationen wenden Sie sich bitte an pressestelle@lhl.hessen.de
Abbildung 2: Anzahl an Realtime-PCR Untersuchungen auf ASPV bei Wildschweinen in den Jahren 2014 bis 15.08.2024 (grün = negativ bzw. nicht untersuchbar, orange = positiv).

Im Rahmen dieser Untersuchungen konnte bis Mitte August 2024 bereits in 104 Fällen das ASPV in Wildschweinproben nachgewiesen werden. Tabelle 1 sowie Abbildung 3 geben einen Überblick über die Verteilung der Fälle auf die einzelnen südhessischen Landkreise.

Anzahl positiver ASP-PCR Untersuchungen bei Wildschweinen nach Landkreisen

LandkreisJuni 2024Juli 202401.-15. August 2024
Groß-Gerau66824
Bergstraße011
Darmstadt-Dieburg004

Tabelle 1: Anzahl positiver Realtime-PCR Nachweise von ASPV bei Wildschweinen am LHL in den Monaten Juni, Juli und August (bis 15.08.) 2024, geordnet nach Landkreisen.

Die Karte zeigt die Verteilung der positiven ASPV-Nachweise bei Wildschweinen in Hessen im Jahr 2024 in den hessischen Landkreisen. Betroffen ist Süd-Westhessen.
Abbildung 3: Verteilung der positiven ASPV-Nachweise bei Wildschweinen in Hessen im Jahr 2024 (grün=Juni; gelb=Juli; rot=August bis 15.08.).

Durch die verstärkte Überwachung der Hausschweinebestände im Sperrgebiet bzw. die Erforderlichkeit des Nachweises der ASPV-Freiheit vor der Verbringung zur Schlachtung hat sich auch hier die Probenanzahl seit Mitte Juni vervielfacht (Abb. 4). 

: Anzahl an Realtime-PCR Untersuchungen auf ASPV bei Hausschweinen in den Jahren 2014 bis 15.08.2024 Für nähere Informationen wenden Sie sich bitte an pressestelle@lhl.hessen.de
Abbildung 4: Anzahl an Realtime-PCR Untersuchungen auf ASPV bei Hausschweinen in den Jahren 2014 bis 15.08.2024 (grün= negativ bzw. nicht untersuchbar, orange = positiv).

Zusätzlich zur zeitnahen Diagnostik, die einen unerlässlichen Beitrag bei der Bekämpfung der ASPV darstellt, ist der LHL mit dem Schweinegesundheitsdienst (SGD) und der Taskforce Tierschutz im Rahmen der Amtshilfe in betroffenen Landkreisen in diese Krise involviert. Zu den ausgeübten Tätigkeiten des SGD gehören Vor-Ort-Kontrollen der Biosicherheit, Unterstützung bei Bestandsräumung oder Tierkontrolle und Probennahme im Verdachtsfall. Betriebe, die ihre Tiere zur Schlachtung oder zum Verkauf verbringen möchten und in einer Sperrzone liegen, müssen bestimmte Bedingungen erfüllen. Diese beinhalten eine amtliche klinische Untersuchung der Tiere, stichprobenartige Blutprobenuntersuchungen oder Fieberkontrollen vor dem Transport. Auch hier wird der Schweinegesundheitsdienst im Rahmen der amtlichen Überwachung tätig.