Auf einem Labortisch steht ein mit Rotwein halb gefülltes Weinglas

Weinkontrolle ist Verbraucherschutz

Die Tätigkeit des „amtlichen Weinsachverständigen“ bzw „Weinkontrolleur/-in“ löst in den meisten Fällen bei den Verbrauchern ein Schmunzeln aus. Viele denken hier an einen trinkfesten Winzer mit einer roten Nase, neben den Holzfässern im Weinkeller. Über die Aufgabengebiete und deren Komplexität in diesem Beruf sind sich die meisten nicht im Klaren.

Um diesen Beruf ausüben zu können, ist eine gewisse persönliche Eignung erforderlich, sowie eine angemessene Berufserfahrung in der Weinherstellung. Mit einer Ausbildung zum Winzer wird der Grundpfeiler für den weiteren Bildungsweg gelegt. Während der Ausbildung werden alle grundlegenden Themen wie z.B. Traubenverarbeitung, Weinherstellung, Rebstockpflege/Weinbergspflege, Weinchemie, Sensorik (Weinfehler erkennen) erlernt.

Praxis und Wissenschaft

Weiter geht es mit dem Studiengang „Weinbau und Oenologie“, um die angeeigneten Grundkenntnisse in der Ausbildung, wissenschaftlich fundiert, zu vertiefen. Heutzutage ist es ratsam, während der Studienzeit einige Semester im Ausland zu verbringen, um möglichst viel Wissen und Kultur rund um den Wein mitzunehmen. Jedes Weinbaugebiet pflegt eine eigene Weinhistorie und Weinstilistik. Schnell wird nun einem klar das der „nasse“ Beruf auch staubtrocken sein kann. Nach abgeschlossenen Studium erfolgt der eigentliche Schritt in die Arbeitswelt. Nun kann endlich das erlernte Wissen in der Praxis umgesetzt werden. Nach ein paar Jahren Berufserfahrung in einem Weingut oder in einer Kellerei kann sich ein Interessent auf eine Stelle als Weinsachverständiger bzw. Weinkontrolleur/-in bewerben. Dies ist kurzgefasst der grundsätzliche Bildungsweg eines Weinkontrolleurs.

Aktiver Verbraucherschutz

Die Weinkontrolle ist ein Teil der Lebensmittelüberwachung. Insofern steht der Verbraucherschutz an erster Stelle. Dabei werden Etiketten überprüft, um sicher zu stellen, der Inhalt in den Flaschen mit den Angaben auf den Etiketten übereinstimmt. Ein Großteil seiner Arbeitszeit verbringt ein Weinkontrolleur im Außendienst. Bei diesen Kontrollen ist die Überprüfung der Herstellung der Weine und Sekte entsprechend den bestehenden europäischen und deutschen Weinvorschriften besonders wichtig. Dafür werden die Weingüter unangemeldet und ohne vorherige Absprache für eine Kontrolle besucht. Das Ganze ist vergleichbar mit einer unangemeldeten Verkehrskontrolle von der Polizei im Straßenverkehr.

Weinbücher bilden Grundlage für Rückverfolgung

Das Hauptaugenmerk während der Kontrolle liegt auf den Weinbüchern des Betriebs, insbesondere das Herbstbuch und das Kellerbuch. Im Herbstbuch notiert der Winzer während der Ernte die täglich geerntete Traubenmenge, aus welcher Weinbergslage die Trauben stammen und den natürlichen Zuckergehalt der Trauben (° Oechsle). Je höher die Oechslegrade sind, umso höher ist die Qualitätsstufe (Kabinett, Spätlese usw.) die im Herbstbuch eingetragen werden darf. Nach dem Herbstbuch während der Traubenernte ist das Kellerbuch die nächste Dokumentationsphase. Hier muss der Winzer alle Weine im Betrieb dokumentieren sowie sämtliche getätigten Behandlungsmaßnahmen und den Lagerort im Keller bis zum fertig abgefüllten Wein erfassen. Ein Auszug aus einer Seite (Weinkonto) ist vergleichbar mit einem Bankkontoauszug. Alle Bewegungen und ergriffenen Maßnahmen müssen mit genauen Informationen zu dem Arbeitsschritt, verbunden mit einer sehr genauen Literangabe, dargestellt werden.

Als Grundlage für die Kontrolle dienen die genannten Weinbücher. In diese muss der Winzer lückenlos den Werdegang des Weines bis zum Verkauf der Flaschen dokumentieren. Man spricht hier von der Rückverfolgbarkeit eines Produktes. Stichprobenartig werden die Weinkonten aus dem Weinbuch im Weinkeller überprüft.

Wird der Wein mit der richtigen Verkehrsbezeichnung beschrieben? Stimmt die Literangabe im Weinkonto mit der tatsächlichen Menge im Lagerbehältnis überein? Stammt der Wein aus dem bekannten Weinberg im Rheingau oder der Hessischen Bergstraße? Wurden auf dem Tankschild alle Angaben aus dem Weinbuch korrekt übernommen? Wurden alle getätigten Behandlungen innerhalb der Frist im Weinbuch eingetragen? Entsprechen die Behandlungsmaßnahmen den gültigen Vorschriften für das Erntejahr? Wurde die Nummer des Lagerbehältnisses in dem Weinbuch vermerkt? Dies sind nur einige der vielen Kontrolltätigkeiten eines Weinkontrolleurs.

Kontrollen bestätigen Qualität

Eine Kontrolle kann für den Betriebsverantwortlichen durchaus auch vorteilhaft sein. Bei Weinen mit Qualitätsbedenken seitens des Winzers nutzt dieser die Anwesenheit des Weinkontrolleurs, um den Wein verkosten zu lassen. Der Weinkontrolleur kann hier qualitätsfördernde Hinweise für den weiteren Ausbau geben und ggf. Weinfehler identifizieren. Ein Weinfehler führt zu einem erheblichen Wertverlust und kann im Extremfall sogar zum Verlust der Verkehrsfähigkeit führen.

Nach der kontrollierten Fassware im Weinkeller geht es in das Lager mit den abgefüllten Weinen weiter. Haben die Weinflaschen ohne Etiketten ein lesbares Schild mit der Verkehrsbezeichnung am Lagerort? Passt die Menge der abgefüllten Weinflaschen mit der angegebenen Abfüllmenge in den Weinbüchern überein?

Bei kleineren Verstößen wird der Winzer schriftlich belehrt. Schwerwiegende und zahlreiche Verstöße werden auf der Grundlage der von den Weinkontrolleuren erstellten Prüfberichte in Form von Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten geahndet.

Ausgebildete Sensorik

Zu den weiteren Aufgaben gehört das Verkosten und Beurteilen von alkoholischen und alkoholfreien Getränken (z. B. Säfte, Weine, Schaumweine, Fruchtweine, Spirituosen, Biere) im Innendienst.

Neben der Kenntnis des geltenden Weinrechts ist deshalb die Sensorik eine wichtige Kernkompetenz des Weinkontrolleurs. Im Laufe der Zeit entwickelt der Weinkontrolleur durch das regelmäßige und aufmerksame Verkosten von Wein einen ausgeprägten Geruchs- und Geschmackssinn. Zunge, Nase, Auge und Gaumen sind sensibilisierter als bei einem Endverbraucher und ermöglichen detaillierte Beschreibungen eines Getränks nach Aussehen, Farbe, Duft und Geschmack. Mit diesen Fähigkeiten wird bei der Verkostung entschieden, ob ein Getränk sensorisch verkehrsfähig ist oder nicht. Die abschließende Beurteilung erfolgt dann nach einer chemischen Untersuchung durch einen Lebensmittelchemiker.