Eine genau zugeschnittene, bedarfsgerechte Fütterung entlastet nicht nur Gülle und Abluft durch geringere Gehalte an Restnährstoffen, sondern auch gleichermaßen den Stoffwechsel des Schweins. Gerade ein Übermaß an Proteinen im Futter führt neben der Gefahr einer unausgeglichenen Darmflora zusätzlich zu unnötigen, energetisch aufwendigen Umwandlungs- und Ausscheidungsprozessen für den Organismus. Doch wer kennt schon den genauen individuellen Bedarf eines jeden Schweins in seinem Stall? Und wer kann wirklich sichergehen, dass im Trog genau das landet, was die Berechnung verspricht? In diesem Artikel soll die ungestörte Knochenentwicklung (Ossifikation) skizziert und mögliche Gefahren aufgezeigt werden, die im Zusammenhang mit einer nährstoffreduzierten Fütterung einhergehen können. Ein kleiner Fallbericht dient zudem der Veranschaulichung der physiologischen Zusammenhänge im Körper und seiner Wechselwirkungen bei der Regulation einzelner Mineralstoffe.
Bedeutung von Phosphor als Mikronährstoff
Mineralstoffe sind essenzielle, anorganische Mikronährstoffe, die dem Körper zugeführt werden müssen. Als Beteiligte im Aufbau von zum Beispiel Knochen, Enzymen oder Hormonen sind sie für den Ablauf von Stoffwechselvorgängen unverzichtbar. In der Landwirtschaft steht unter anderem die Begrenzung des Phosphors im Fokus, da er sich – über die Gülle ausgebracht – im Boden anreichern und schwer lösliche Verbindungen eingehen kann. Nicht nur für Schweine ist Phosphor jedoch unentbehrlich. Er ist beispielsweise Bestandteil der DNA, maßgeblich an der Muskelaktivität beteiligt und in praktisch jeder Zelle vorhanden. 85 % des gesamten Phosphorgehaltes entfallen dabei auf die Knochen. Über die Hälfte der Knochenmasse besteht aus anorganischen Verbindungen, allen voran Kalzium und Phosphor, welches wir hier genauer beleuchten wollen.
Prozess der Knochenbildung
Die Knochenbildung beim Schwein beginnt bereits als Fetus in der Muttersau ab dem vierzigsten Trächtigkeitstag. Für die meisten Knochen gibt es eine Vorstufe aus Knorpel, die erst mit dem Heranwachsen im Prozess der Ossifikation zu Knochen umgewandelt wird. Dazu wird zunächst das Knorpelmaterial abgebaut und an diese Stelle wandern sogenannte Osteoblasten (Zellen, die Knochen bilden) mit den Blutgefäßen ein. Diese Osteoblasten sondern ein noch weiches Material, das Osteoid, ab. Die abgesonderte Grundsubstanz des Knochens besteht anfangs überwiegend aus Kollagenfasern, also Proteinen, die vor allem für Struktur und Festigkeit verantwortlich sind. Nach und nach lagern sich unter anderem die Mengenelemente Kalzium und Phosphor in Form der chemischen Verbindung Hydroxylapatit in das Osteoid ein und festigen die Substanz. Der nun vollständig von Knochenmaterial umschlossene Osteoblast ist damit ausdifferenziert und wird nun als Osteozyt bezeichnet. Aber der Knochen „ruht“ damit nicht. Eine spezielle Zellart, die aus der Gruppe der großen Fresszellen hervorgeht, baut diese Knochensubstanz in speziellen Stoffwechselvorgängen wieder ab. Der Prozess des Knochenauf- und Knochenabbaus läuft parallel und kontinuierlich. Er repariert so kleine Risse (Mikrofrakturen), passt den Knochen an Belastung an und kommt beim ausgewachsenen Tier in eine Homöostase – in ein Gleichgewicht. Diese Vorgänge werden von vielen Faktoren, zum Beispiel von Hormonen oder der Verfügbarkeit von Mineralstoffen gesteuert und beeinflusst.
Regelmechanismen für Blutkalziumspiegel
Nehmen wir zunächst das Beispiel des Kalziums: 99% des im Körper vorhandenen Kalziums ist in Knochen gespeichert. Ein kleiner Anteil des Kalziums liegt im Blut vor. Dieser Blutkalziumspiegel wird vom Körper in streng geregelten Bereichen gehalten, da Entgleisungen fatale Auswirkungen auf die Signalweiterleitung in Nervenzellen, den Herzschlag, die Blutgerinnung und viele weitere Prozesse im Körper haben. Die Regelmechanismen des Körpers sind vielfältig, komplex und eng miteinander verknüpft. Die drei wesentlichen Verfahren beinhalten die Möglichkeit, a) die Resorption aus dem Darm zu regulieren, b) den Speicher, also den Knochen, zu bedienen oder c) die Ausscheidung über die Nieren zu steuern. Die bedeutsamsten Beteiligten an diesen Regelkreisläufen sind das Parathormon, das Calcitriol (es entspricht der biologisch aktiven Form des Vitamin D) und Calcitonin, welche alle auch gleichzeitig in den Phosphat-Haushalt eingreifen.
Im Falle eines niedrigen Kalziumspiegels im Blut wird in der Nebenschilddrüse das Parathormon freigesetzt und in dessen Folge auch Vitamin D in der Niere final zu Calcitriol umgewandelt. Beide Stoffe wirken aktivierend auf Osteoblasten, Calcitriol zusätzlich auch auf Osteoklasten und sie fördern gemeinsam eine Kalziumresorption im Darm. Durch Parathormon wird die Kalziumausscheidung über den Harn gehemmt, durch Calcitriol die Phosphatausscheidung. Calcitriol ist ein hormonähnliches Vitamin. Es kann über die Nahrung aufgenommen oder durch den Körper selbst synthetisiert werden. Mit Hilfe von UV-Strahlen und speziellen Enzymen in der Niere entsteht Calcitriol, welches neben der Aufnahme von Phosphat aus dem Darm auch an einer Vielzahl anderer Funktionen, z.B. der Blutbildung oder dem Immunsystem beteiligt ist. Damit keine Überversorgung stattfindet, wird über eine negative Rückkopplung die Abgabe von Parathormon gehemmt, das bedeutet, dass hohe Konzentrationen an Parathormon im Blut automatisch eine weitere Ausschüttung verhindern.
Ein andererseits erhöhter Serumspiegel an Kalzium führt zur vermehrten Freisetzung von Calcitonin aus der Schilddrüse, welches vereinfacht als Gegenspieler – Antagonist - des Parathormons angesehen werden kann. Über alle drei genannten Möglichkeiten der Beeinflussung wird durch Calcitonin der Kalziumspiegel abgesenkt: die Freisetzung aus dem Knochen wird verringert, die Resorption im Darm gehemmt und die Ausscheidung über die Nieren erhöht. Es erhöht jedoch auch die Ausscheidung von Phosphat.