Nahaufnahme einer Kuh, die mit ihrer Herde auf einer Wiese steht.

Lumpy Skin Disease (Dermatitis nodularis) – Informationen zur Krankheit

Die Lumpy Skin Disease (LSD) ist eine anzeigepflichtige Tierseuche, die Rinder und Wasserbüffel betrifft und welche durch bestimmte Pockenviren (Capripox) hervorgerufen wird.

Seit ihrer ersten Beschreibung 1929 in Südafrika trat sie jahrzehntelang nur in Süd- und Zentralafrika auf. Sie breitete sich aber über den Mittleren Osten und die Türkei weiter aus, in 2015 bis in die Balkanstaaten, den Kaukasus und nach Russland. Im Juni dieses Jahres trat LSD in Italien auf Sardinien sowie in der Lombardei auf. Einige Tage später wurden die ersten Fälle in Frankreich, nahe der Grenze zur Schweiz bestätigt.

Für landwirtschaftliche Betriebe, deren Existenz auf der Haltung von Rindern basiert, kann die LSD dramatische Auswirkungen haben. Aber auch auf nationaler Ebene wirkt sie sich folgenschwer aus, da mit ihr strikte Handelseinschränkungen einhergehen und u.a. die Bekämpfungsmaßnahmen kostspielig sind. Hinzu kommt, dass in unseren Breiten diese Tierseuche für Tierhalter, Tierärzte und die Veterinärbehörden neu ist, so dass keine Erfahrungen hinsichtlich ihres Erscheinungsbildes, des Krankheitsverlaufs, der Übertragungswege und wirksamer Bekämpfungsmaßnahmen vorliegen.

Epidemiologie

Die LSD tritt typischerweise in Wellen auf, zwischen denen mehrere Jahre liegen können. Es ist nicht bekannt, wie das Virus in der Zwischenzeit infektionsfähig verbleibt. Das Virus wird vor allem durch blutsaugende Insekten (Vektoren) übertragen. Eine zunehmende Zahl an naiven (nicht-immunen) Rindern, eine hohe Zahl an blutsaugenden Insekten und unkontrollierte Tierbewegungen begünstigen seuchenhafte Krankheitsausbrüche. Über infizierte Rinder, die keine Krankheitsanzeichen zeigen, wird die LSD über weite Strecken verbreitet.

Die Übertragung des Virus geschieht nicht nur über blutsaugende Insekten, es kann auch durch direkten Kontakt übertragen werden. Besonders über Körperflüssigkeiten (Speichel, Augen-, Nasenausfluss, Milch), damit kontaminiertes Futter und Wasser, Läsionen an den Zitzen oder anderer Hautareale oder über Sperma kann das Virus weitergegeben werden. Die intrauterine Übertragung von der Mutter auf das Kalb ist ebenfalls beschrieben. Eine Übertragung ist auch durch die Verabreichung von Medikamenten, Impfungen u.Ä. möglich, wenn nicht für jedes Tier eine sterile Kanüle verwendet wird.

Die Erkrankungsrate (Morbidität) wird mit 2 bis 45 Prozent angegeben, die Sterblichkeitsrate (Mortalität) mit unter 10 Prozent. Die Empfänglichkeit hängt dabei u.a. von Immunstatus, Alter und Rasse ab. Hochleistende europäische Milch-Rinderrassen gelten als sehr anfällig für LSD im Vergleich zu afrikanischen Rassen.

Krankheitserreger und Immunität

Die LSD wird durch das LSD-Virus (LSDV) verursacht. Es gehört zur Familie der Poxviridae und ist mit dem Schafpocken- und dem Ziegenpocken-Virus verwandt. Es existiert nur ein serologischer Typ des LSDV, und es kreuzreagiert mit dem Schafpocken-Virus (SPPV) und dem Ziegenpocken-Virus (GTPV). Das bedeutet, diese drei Erkrankungen können anhand vorhandener Antikörper im Blut nicht unterschieden werden. Das LSDV ist ein sehr stabiles Virus, das sich genetisch kaum verändert. Es überlebt bis zu drei Monate unter den entstehenden Hautkrusten und mehrere Monate in schattiger, verschmutzter Umgebung. Es überlebt den Einfrier- und Auftauprozess, und Minusgrade führen nicht zur Abtötung in der Umwelt. Es wird allerdings durch direktes Sonnenlicht inaktiviert.

Das Virus vermehrt sich in der befallenen Wirtszelle, aber nur ein kleiner Teil der Viren verlässt die Zellen. Im Blut zirkulierende Antikörper schränken daher die Virusausbreitung im Körper ein, verhindern aber nicht die Virusvermehrung in den Zellen. Um die Virusvermehrung zu unterbinden und die Infektion zu eliminieren, ist eine zellvermittelte Immunität erforderlich. Die Antikörperspiegel beginnen ca. zwei Wochen nach der Infektion zu steigen und erreichen ihr Maximum drei bis vier Wochen später. Es wird davon ausgegangen, dass die Immunität nach einer natürlichen Infektion lebenslang andauert. Ein Absinken des Antikörperspiegels unter die Nachweisgrenze ist möglich. Antikörpernegative Tiere können demnach trotzdem infiziert gewesen sein.

Durch eine Impfung werden neutralisierende Antikörper gebildet, wobei es möglich ist, dass einige Tiere keine Antikörper bilden. Wie lange der Impfschutz anhält, ist nicht genau bekannt. Die Impfstoffhersteller empfehlen eine jährliche Wiederholungsimpfung.

Die Antikörper des Muttertieres werden mit der Biestmilch an die Nachkommen weitergegeben. Im Kalb nimmt der Spiegel der über die Biestmilch aufgenommenen Antikörper nach drei Monaten wieder ab.

Empfängliche Tierarten

Es erkranken hauptsächlich Rinder an LSD. Darüber hinaus sind Fälle beim asiatischen Wasserbüffel sowie bei einigen afrikanischen Antilopen-Arten beschrieben.

In experimentell infizierten Schafen und Ziegen konnte sich das LSDV wohl z.T. vermehren, sie sind jedoch nicht erkrankt. Obwohl die gemeinsame Haltung von Rindern und kleinen Wiederkäuern in vielen betroffenen Ländern üblich ist, gibt es bisher keine Hinweise darauf, dass kleine Wiederkäuer als Reservoir für das LSDV dienen.

Zur Empfänglichkeit von Wildwiederkäuern oder einer möglichen Rolle im Seuchengeschehen ist nichts bekannt.

Für den Menschen ist LSDV ungefährlich.

Es erkranken hauptsächlich Rinder an LSD. Darüber hinaus sind Fälle beim asiatischen Wasserbüffel sowie bei einigen afrikanischen Antilopen-Arten beschrieben.
Für den Menschen ist LSDV ungefährlich.

Dr. Mirjam Rohde Tiergesundheitsdienste
Standort Kassel

Klinisches Erscheinungsbild

Die Inkubationszeit (Zeit von der Infektion bis zum Auftreten erster Krankheitsanzeichen) beträgt vier Tage bis fünf Wochen. Charakteristisch für die LSD ist die Entstehung von Knoten in der Haut. Davor treten weniger auffällige Anzeichen auf wie das Anschwellen der oberflächlichen Körperlymphknoten, insbesondere des Bug- und des Kniefaltenlymphknotens. Weitere frühe Symptome sind Augen- und Nasenausfluss, Letzterer kann im weiteren Verlauf eitrig werden. Ebenfalls meist vor dem Erscheinen erster Hautknoten tritt hohes Fieber (> 40,5°C) auf, bei laktierenden Kühen oft begleitet von einem drastischen Milchrückgang oder gar Sistieren der Milchbildung. Das Fieber kann bis zu einer Woche anhalten. Bei mild verlaufenden Fällen treten nur wenige Knoten in der Haut auf, in schweren Fällen kann die gesamte Hautoberfläche betroffen sein. 

Ein Euter zeigt die Symptome von Lumpy Skin Disease
Lumpy Skin Disease, Knoten am Euter
Lumpy Skin Disease, Knoten am Kopf eines Rinds
Lumpy Skin Disease, Knoten am Kopf
Lumpy Skin Disease, Veränderungen am Flotzmaul
Lumpy Skin Disease, Veränderungen am Flotzmaul

Die Schädigungen bleiben nicht auf die Körperoberfläche beschränkt, auch der Verdauungstrakt, die Atemwege und die inneren Organe können auf ihrer Oberfläche Veränderungen zeigen. Sekundäre Erkrankungen wie Lungenentzündung sind häufige Komplikationen. Die Schleimhäute der Augen können betroffen sein, auf der Hornhaut können schmerzhafte Geschwüre entstehen, die zur Erblindung führen können. Im weiteren Verlauf entstehen aus den Hautknoten Krusten, die nach Abheilung Narben zurücklassen. Die Erkrankung kann völlig still, d.h. ohne äußerliche Anzeichen verlaufen, eine Virämie (Auftreten von Viren im Blut) findet jedoch in jedem Fall statt. Wenn das Tier überlebt, kommt es zu einer vollständigen Viruselimination, eine dauerhafte Infektion und damit Trägertiere sind nicht bekannt. 

Weitere Auswirkungen

Die LSD führt im weiteren Verlauf zu einer ganzen Reihe von Folgeerscheinungen wie Abmagerung, reduzierte Milchleistung, Mastitis, Aborte, Fruchtbarkeitsprobleme (z.B. vorübergehende oder permanente Sterilität) und Todesfälle. Insgesamt führt das zu substanziellen wirtschaftlichen Einbußen, die nicht nur den Tierhalter direkt, sondern sämtliche Beteiligte in der Rinderindustrie treffen. Das beinhaltet erhöhte Tierarztkosten, Einkommenseinbußen aufgrund der reduzierten Milch-, Reproduktions- und Wachstumsleistung, minderwertiger Schlachtkörper, beschädigter Häute und Kosten bzw. Einbußen aufgrund von Handelseinschränkungen.

Diagnostik und Probenahme

Der Nachweis des LSD-Virus gelingt mit verschiedenen Arten der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) sicher. Dabei wird das Virusgenom nachgewiesen. An den meisten Untersuchungsämtern der Länder ist diese Nachweismethode etabliert, so auch im Hessischen Landeslabor (LHL).

Für den Nachweis von Antikörpern im Blut stehen mehrere Methoden zur Verfügung. Eine schnelle und für große Probenzahlen geeignete Methode ist der ELISA. Hierfür ist ein kommerzielles Testkit erhältlich.

Geeignete Proben für die Untersuchung auf LSD sind Hautstanzen von veränderten Hautarealen, EDTA-Blut (mit einem Gerinnungshemmer), Serum sowie Speichel, Maul- und Nasentupfer. Die Krusten von Hautveränderungen eignen sich ebenfalls gut für den Virusnachweis, sie enthalten viel Virusmaterial, sind leicht zu gewinnen und verkraften längere Transportzeiten.

Zum Probenversand ist allgemein zu sagen, dass sämtliches Probenmaterial auslaufsicher in Kunststoffröhrchen mit Schraubdeckel als primäre Verpackung aufgenommen werden sollte. Eine Verbreitung des Virus durch den Probentransport ist unbedingt zu vermeiden. Wichtig ist außerdem, dass eine eindeutige und dauerhafte Beschriftung möglich ist. Die primären Probengefäße sollten in auslaufsichere Probencontainer oder – Kunststoffbeutel verpackt werden, möglichst zusammen mit saugfähigem Material. Der Transport ins Labor sollte so schnell wie möglich erfolgen, dabei müssen die Proben gekühlt werden. Bei einer Versendung per Post muss kühlendes Material, z.B. Kühlakkus, beigelegt werden. Blut-, Speichel- und Gewebeproben sollten bei 2-6 °C aufbewahrt werden, wenn der Transport weniger als 48 Stunden beträgt. Bei längeren Transportzeiten sollten sie eingefroren werden.

Zur offiziellen Bestätigung eines LSD-Ausbruches müssen entsprechende Verdachtsproben vom Nationalen Referenzlabor für Lumpy-skin-Krankheit am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) labordiagnostisch bestätigt werden. Die Proben müssen zur Abklärung zunächst an das zuständige Landesuntersuchungsamt (in Hessen der LHL in Gießen; in Rheinland-Pfalz das Landesuntersuchungsamt (LUA) Rheinland-Pfalz in Koblenz) gesendet werden. Die Landesuntersuchungsämter leiten die Proben zur Bestätigung an das FLI weiter.

Bekämpfungsstrategien

Um die Einschleppung der LSD nach Deutschland zu verhindern, ist die Bekanntmachung dieses Risikos und die Erhöhung der Aufmerksamkeit von essenzieller Bedeutung. Eine präventive Überwachung hängt vor allem vom Wissen derer ab, die direkt mit Rindern in Berührung kommen, und ihrer Fähigkeit, die Anzeichen von LSD frühestmöglich zu erkennen und zu melden. Da hierzulande kaum jemand mit dieser Krankheit Erfahrung haben dürfte, ist auch die Meldung von unüblichen oder nicht-erklärbaren Krankheitsanzeichen sinnvoll.

LSD ist von der WOAH (World Organisation for Animal Health) und der EU als meldepflichtig eingestuft. Im Falle eines Ausbruches ist Deutschland verpflichtet, dies der EU und an die WOAH zu melden. Damit können alle anderen Länder, insbesondere die direkten Nachbarn, gewarnt und in die Lage versetzt werden, Vorsorgemaßnahmen zu ergreifen. 

Der Transport von Rindern ist das größte Risiko für eine Verbreitung. Die in der Vergangenheit aufgetretene sprunghafte Verbreitung der LSD ist durch den Transport lebender Rinder über weite Strecken erklärbar. Die langsamer voranschreitende, regionale Ausbreitung ist ebenfalls der Bewegung von Rindern durch Handel, Besuch von Schauen, Auftrieb auf Gemeinschaftsweiden usw. zuzuschreiben. Die Kontrolle und Einschränkung des Tiertransportes ist somit eine unumgängliche Bekämpfungsmaßnahme. Gleichermaßen muss auch der Transport/Export von Rinderprodukten reglementiert werden.

Vakzinierung (Impfung) und Stamping out (Keulen und sichere Kadaverentsorgung)

Sowohl zur Eindämmung der regionalen Verbreitung als auch zur vollständigen Ausmerzung der Seuche ist der Einsatz eines wirksamen Impfstoffes erforderlich. Es existieren Lebendimpfstoffe, die eine gute Wirksamkeit bieten. Laut FLI sind in der EU derzeit keine Lebendvirus-Vakzine zugelassen. Im Rahmen einer Notfall-Kampagne können sie jedoch, nach einem entsprechenden Durchführungsbeschluss der EU-Kommission, zum Einsatz kommen.

Eine weitere Bekämpfungsmaßnahme ist die Räumung infizierter Bestände. Dabei wird zwischen einem totalen und einem partiellen Stamping out unterschieden. Im ersten Fall würden alle Tiere einer betroffenen Herde gekeult werden, im zweiten Fall nur die klinisch erkrankten Tiere.

In der Vergangenheit wurde die kombinierte Anwendung dieser Strategien von betroffenen Ländern erfolgreich eingesetzt. Dabei war die Impfung die wichtigste Maßnahme. Es hat sich gezeigt, dass je höher die Impfabdeckung der Rinderpopulation eines Landes war, desto eher konnte von einem totalen Stamping out abgesehen werden. Einer EFSA-Studie (European Food Safety Agency) von 2016 zufolge ergibt sich bei einer Impfabdeckung von 80 % oder mehr kein wesentlicher Unterschied mehr zwischen totalem und partiellem Stamping out, hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, die Seuche zu eliminieren. Eine gute Impfabdeckung hilft also dabei, die Keulung von Tieren auf ein Mindestmaß zu beschränken.

Eine weitere sinnvolle Maßnahme ist die Vektorbekämpfung (Einsatz von insektenabwehrenden Mitteln (Repellentien) am Tier, die Aufstallung sowie die Insektenbekämpfung in der Umgebung).

Sollten Ihnen Tiere mit unerklärlichen oder verdächtigen Krankheitsanzeichen auffallen, wenden Sie sich bitte an Ihre Hoftierärztin/Ihren Hoftierarzt, an Ihr zuständiges Veterinäramt oder auch an den  den Tiergesundheitsdienst.