Ein Sperrbild mit der Aufschrift: Maul- und Klauenseuche Sperrbezirk

Maul- und Klauenseuche in Deutschland

Am 10. Januar 2025 wurde in Deutschland eine der gefürchtetsten Tierseuchen amtlich festgestellt – die Maul- und Klauenseuche (MKS). Aufgetreten war sie in einer Haltung von Wasserbüffeln in Brandenburg.

Damit verlor Deutschland seinen Status „MKS-frei ohne Impfung“, der von der World Organisation for Animal Health (WOAH) überwacht wird. Verbunden mit dem Verlust dieses Status sind eine ganze Reihe weitreichender Konsequenzen, die auch erklären, warum diese Tierkrankheit weltweit so besorgniserregend ist.

Erkrankungsbild der Maul- und Klauenseuche

Die Maul- und Klauenseuche ist eine schwere, hochansteckende Erkrankung mit einer kurzen Inkubationszeit, weshalb sie sich sehr schnell ausbreiten kann. Sie ist vor allem für Paarhufer wie Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen, Wildwiederkäuer, Kameliden und weitere Tierarten krankmachend. Intensiv aufgezogene und gezüchtete Tiere sind dabei anfälliger als extensive Rassen. Erwachsene Tiere überleben häufig, bei Jungtieren ist die Sterblichkeit jedoch oft sehr hoch. Andere Tierarten erkranken nur mit milder Symptomatik, oder wie der Mensch gar nicht. Sie können das Virus jedoch rein mechanisch übertragen. Neuweltkamele, wie Lamas und Alpakas, können ebenfalls infiziert werden, die Krankheit verläuft allerdings häufig ohne klinische Symptome. 

Frisch aufgeplatzte Aphthe (Bläschen) im Zwischenklauenspalt
Frisch aufgeplatzte Aphthe (Bläschen) im Zwischenklauenspalt

Die MKS äußert sich durch hohes Fieber und Bläschenbildung, sogenannte Aphthen, in der Schleimhaut auf Zunge, Lippen, im Maul sowie in der Haut am Kronsaum, zwischen den Klauen und an den Zitzen. Durch Aufplatzen der Bläschen entstehen z.T. großflächige Läsionen, die sehr schmerzhaft sind. Die Tiere hören auf zu fressen, sind lethargisch, speicheln stark, gehen lahm, die Milchbildung geht stark zurück oder versiegt ganz. Letzteres verstärkt wiederum die Sterblichkeit bei der Nachzucht.

Auslöser der Maul- und Klauenseuche

Verursacher der MKS ist das MKS-Virus, ein kleines, unbehülltes RNA-Virus der Gattung Aphthovirus aus der Familie der Picornaviridae. RNA-Viren zeichnen sich durch häufige spontane Mutationen aus. Somit entstehen oft neue Virusstämme. Man unterscheidet sieben Serotypen (A, O, C, SAT 1, SAT 2, SAT 3, Asia), die sich wiederum in zahlreiche Stämme verzweigen. Die Stämme unterscheiden sich hinsichtlich Virulenz und antigenetischen Eigenschaften. MKS-Viren vom Typ A weisen zum Beispiel eine hohe antigenetische Diversität auf, es entstehen häufig neue antigenetische Varianten. Dahingegen zeichnet sich zum Beispiel Typ O durch eine geringe antigenetische Diversität aus. Weltweit gesehen ist Typ O der derzeit am weitesten verbreitete Typ, und auch bei dem Ausbruch im Januar wurde Typ O festgestellt.

Das MKS-Virus ist in der Umwelt relativ stabil. Bei niedrigem oder hohem pH-Wert kann es inaktiviert werden, so dass saure oder alkalische Desinfektionsmittel wirksam sind. Die Übertragung ist durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren, über tierische Lebensmittel, unbelebte Vektoren wie Kleidung, Gerätschaften, Einstreu, Futter und über Wind möglich.

Ansteckungswege

Die Ansteckung erfolgt auf zwei hauptsächlichen Wegen: die Einatmung von virushaltiger Luft und die Aufnahme von Viruspartikeln mit der Nahrung. Für eine Infektion durch Einatmen ist, im Vergleich zur Infektion über die Nahrung, eine geringere Virusdosis erforderlich. Weitere Infektionswege sind Schürfwunden, kontaminierte Instrumente (Impfkanülen etc.) oder die künstliche Besamung/der Natursprung.

Wiederkäuer infizieren sich hauptsächlich über die Atemwege, wobei schon sehr geringe Virusdosen ausreichen. Schweine benötigen für eine Infektion über die Atemwege rund 80-mal so viel MKS-Virus wie Wiederkäuer. Schweine sind daher relativ resistent gegenüber einer Ansteckung über die Luft. Im Gegensatz zu allen anderen Tierarten sind bei Schweinen geringere Virusdosen für den oralen Infektionsweg erforderlich. Schweine infizieren sich also häufig über die Nahrung. Einmal infiziert, scheiden Schweine allerdings sehr viel mehr MKS-Virus (bis zu 3.000-mal) über die Atemluft aus als Rinder. Die Fütterung von Schweinen mit Lebensmittelabfällen ist ein möglicher Weg, über den die MKS in MKS-freie Länder eingeschleppt werden kann, was es auch aufgrund anderer Tierseuchen zu verhindern gilt.

Die Inkubationszeit (Zeit von der Infektion des Tieres bis zum Auftreten klinischer Krankheitserscheinungen) kann zwischen einem und vierzehn Tagen betragen, in den meisten Fällen sind es zwei bis sechs Tage.

Anhand des Alters der Bläschen/Erosionen lässt sich der Zeitpunkt der Infektion des Tieres abschätzen, was für die epidemiologischen Untersuchungen wichtig ist. Die Flüssigkeit in den Bläschen ist hochgradig virushaltig. Die Virusausscheidung kann bis zu zwei Tagen vor dem Auftreten erster klinischer Erscheinungen einsetzen. In der Milch kann das Virus sogar bis zu vier Tagen vor dem Einsetzen klinischer Erscheinungen nachgewiesen werden. Die Virusausscheidung endet in der Regel vier bis fünf Tage nach dem Auftreten der Bläschen. Im Rachen- und Speiseröhrenschleim kann das MKS-Virus manchmal auch noch über einen längeren Zeitraum (beim Rind bis zu dreieinhalb Jahre) nach der Infektion nachgewiesen werden.

Wenige Tage alte Schleimhautschädigung an der Dentalplatte mit Fibrinauflagerungen
Wenige Tage alte Schleimhautschädigung an der Dentalplatte mit Fibrinauflagerungen

Die körpereigene Abwehr geschieht über die Bildung von Antikörpern. Es dauert drei bis fünf Tage nach dem Auftreten von Krankheitssymptomen, bis die ersten Antikörper nachweisbar sind. Nach überstandener Erkrankung bleiben bei Wiederkäuern die Antikörper mehrere Jahre lang nachweisbar. Bei Schweinen sind die Antikörper unter Umständen nur einige Monate lang zu finden. Aufgrund der antigenetischen Diversität der MKS-Viren bieten Antikörper gegen einen Serotyp keinen Schutz gegen eine Infektion mit einem anderen Serotyp. Selbst innerhalb eines Serotyps besteht nach Infektion mit einem Stamm nicht zwangsläufig Schutz gegen einen anderen Stamm.

Laboranalyse und Diagnostik

In Hessen ist für die Diagnostik, im Falle eines Verdachtes auf MKS oder bei einem Ausbruch, das Hessische Landeslabor (LHL) zuständig. Die offizielle Feststellung eines Ausbruches geschieht durch das nationale Referenzlabor für MKS am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI). Verdachtsproben werden nach Untersuchung am LHL an das FLI weitergeleitet. Im Falle eines Ausbruches findet dort auch die Bestimmung von Serotyp und Stamm statt. Bei einem Ausbruch in Hessen wären insbesondere die Fachgebiete II.1 (Pathologie) und II.3 (Virologie und Serologie) mit der Untersuchung von Tierkadavern, Blutproben und Aphtenmaterial in die Bekämpfung involviert. Der Tiergesundheitsdienst würde unterstützend für das zuständige Veterinäramt Betriebsbesuche und Probenahmen durchführen. Dies war bereits im Zusammenhang mit dem diesjährigen Ausbruch in Brandenburg der Fall, da Kontaktbetriebe untersucht werden mussten und vermehrt Verdachtsproben untersucht wurden, beziehungsweise derzeit immer noch werden.

Wirtschaftliche Bedeutung

Nach dem EU-Tiergesundheitsrecht (Animal Health Law, AHL) wird MKS in Kategorie A + D + E gelistet, womit unmittelbare Tilgungsmaßnahmen ergriffen werden müssen sowie Maßnahmen, die die Ausbreitung in der Europäischen Union verhindern. Diese Seuche muss innerhalb der EU überwacht werden. Aufgrund dessen wurden bei dem jüngsten Ausbruch in Brandenburg der Ausbruchsbestand gesperrt, empfängliche Tiere getötet und eine Schutzzone mit mindestens drei Kilometer Radius um den betroffenen Betrieb sowie eine Überwachungszone mit mindestens zehn Kilometer Radius um den Betrieb errichtet. Das Verbringen von Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen und Kameliden, deren Körperteilen oder Gülle aus diesen Zonen wurde grundsätzlich verboten, mit wenigen Ausnahmen aber auch in ganz Brandenburg untersagt.

In einem 1 Kilometer-Radius um den Ausbruch wurden sämtliche empfänglichen Tiere getötet. Innerhalb der 3 Kilometer-Schutzzone wurden alle empfänglichen Tiere mehrfach klinisch untersucht und beprobt. In der 10 Kilometer-Überwachungszone wurden alle Haltungen von empfänglichen Tieren dreimal klinisch, virologisch und serologisch untersucht. Weiterhin wurden in sämtlichen anderen Bundesländern Betriebe, die Kontakt zum Ausbruchsbetrieb oder zu einem Betrieb in Berlin und Brandenburg hatten (über Tiertransporte, Futtermittel-, Heu-, Strohtransporte etc.) aufgesucht und beprobt. In der Schutz- und der Überwachungszone tot aufgefundene Wildtiere (Wildschweine, Schalenwild) wurden ebenfalls auf das Virus untersucht. Glücklicherweise konnten allerdings keine weiteren infizierten Bestände mit Nutztieren oder MKS-positive Wildtiere gefunden werden.

Viele Länder außerhalb der EU haben den Import von Produkten wie lebende Tiere, Milchprodukte, Samen, frisches Fleisch, Fleischprodukte, Stroh, Futtermittel, Felle, Häute, Blut, Blutbestandteile und vieles mehr gestoppt. Die Exportverbote betrafen das gesamte Bundesgebiet, zum Teil auch die gesamte EU.

Der in Brandenburg ermittelte Virusstamm des Serotyps O war am nächsten mit Stämmen verwandt, welche gegenwärtig im Nahen Osten zirkulieren. Der genaue Eintragsweg konnte nicht festgestellt werden. Eine Einschleppung über kontaminierte Lebensmittel wird als das wahrscheinlichste Szenario angenommen.

Bis auf die direkt auf dem Ausbruchsbetrieb gehaltenen Wasserbüffel konnte bei keinem weiteren Tier, in keiner der mehreren Tausend Proben oder bei den untersuchten Wildtieren das MKS-Virus nachgewiesen werden. Die Seuche hat sich in Deutschland, im Gegensatz zu der kurzen Zeit später in Ungarn und der Slowakei aufgetretenen MKS-Ausbrüchen, nicht weiter ausgebreitet. Damit erhielt Deutschland den Status „MKS-frei ohne Impfung“ am 14.04.2025 von der Weltorganisation für Tiergesundheit wieder zuerkannt.

Stand Mai 2025