Der Ausbruch einer Tierseuche geht häufig mit erheblichem Tierleid einher. Betroffene Tiere erkranken je nach Seuche mehr oder weniger stark und können die Krankheitserreger an andere Tiere oder in einigen Fällen auch an Menschen übertragen. Um den Eintrag von Tierseuchenerregern in Tierhaltungen bzw. deren Weiterverbreitung zwischen Betrieben zu verhindern, wurden gesetzliche Maßnahmen festgelegt. Lange Zeit waren für die detaillierte Gestaltung dieser gesetzlichen Vorschriften primär die einzelnen EU-Staaten selbst verantwortlich. Seit April 2021 gilt nun erstmals ein einheitliches EU-Tiergesundheitsrecht (AHL), welches für alle Mitgliedsstaaten verbindlich die relevanten Tierseuchen definiert und die Grundsätze zu ihrer Bekämpfung regelt. Einzelne Mitgliedsstaaten können lediglich ergänzende Regelungen treffen, wenn sie in ihrem Hoheitsgebiet strengere Vorschriften anwenden wollen.
Tollwut-Bekämpfung als Vorbild
Als Beispiel für die erfolgreiche Bekämpfung und Tilgung einer Tierseuche durch Anwendung des Tierseuchenrechts sei hier stellvertretend die Tollwut genannt: Der letzte Fall von Tollwut bei einem Fuchs trat in Deutschland 2006 auf. Seit 2008 gilt Deutschland offiziell als frei von der urbanen und sylvatischen Tollwut. Eine Ausnahme bildet hier die Fledermaus-Tollwut, die weiterhin in Teilen Deutschlands verbreitet ist. Um diesen Status zu sichern, gelten für Auslandsreisen mit Hunden genaue Vorschriften und Impfpflichten. Auch der Import von ausländischen Hunden ist stark reglementiert. Dank dieser bisherigen Regulierung durch die einzelnen EU-Staaten und zukünftig auch übergeordnet durch das EU-Tiergesundheitsrecht ist es gelungen, die Tollwut-Freiheit hierzulande dauerhaft zu erreichen und weiterhin aufrecht zu erhalten. Ein Erfolg für eine erfolgreiche Bekämpfung einer gefährlichen Infektionskrankheit, die weiterhin weltweit jährlich rund 60.000 Menschenleben fordert.
Breite Aufstellung im Hessischen Landeslabor
Auch für unsere Nutztiere gibt es Tierseuchen, deren Eindämmung von großer Bedeutung ist. Je nach Seuche gilt es, die Tiere zum Beispiel zu impfen, sie regelmäßig in Monitoringprogrammen zu untersuchen und Tierhalter über die aktuelle Rechtsgrundlage sowie mögliche Gefahren aufzuklären. Eine entscheidende Rolle kommt ferner der schnellen diagnostischen Abklärung von Verdachtsfällen zu. Der LHL bietet optimale personelle und diagnostische Voraussetzungen, um diese Aufgaben zu erfüllen und gewährleistet auf diese Weise eine nachhaltig auf Tiergesundheit und Tierschutz ausgelegte Labordiagnostik. Die auf ihre Tierarten spezialisierten Tierärztinnen der Tiergesundheitsdienste sind in ganz Hessen und teilweise darüber hinaus aktiv. Der Rindergesundheitsdienst am Hessischen Landeslabor wird seit fast 14 Jahren von der Fachtierärztin Frau Dr. Mirjam Rohde geleitet. Sie betreut zudem auch den LHL-Anteil der kleinen Wiederkäuer (Schafe und Ziegen) im Rahmen des Herdengesundheitsdienstes (HGD). Besonders sei an dieser Stelle das HEMAP-Programm genannt, welches hessischen Milchvieh- und Mutterkuhhaltern ein zuverlässiges Monitoringprogramm für die Paratuberkulose, einer durch den Erreger Mycobacterium avium subsp. paratuberculosis (MAP) bedingten Durchfallerkrankung, bietet. Der Erfolg dieses Programmes zeigt sich in stetig sinkenden Nachweisraten des Erregers in teilnehmenden Betrieben seit der Etablierung von HEMAP im Jahr 2015. Frau Dr. Agnes Flamm ist als Fachtierärztin für Fische im Fischseuchenbekämpfungsdienst (FSBD) tätig. Mit ihrer Fachkompetenz unterstützt sie das Landesgebiet Hessen und ist gleichermaßen auch für Rheinland-Pfalz zuständig. Die fachkundige Abklärung von Fischverlusten stellt eine zentrale Aufgabe dar, um eine Ausbreitung gelisteter Fischseuchen schnellstmöglich zu erkennen und einzudämmen. Je nach Anforderungsgrund umfasst dies auch Betriebskontrollen vor Ort oder tierschutzrelevante Fragestellungen. Im Schweinegesundheitsdienst (SGD) fand im Jahr 2021 ein Personalwechsel statt. Nachfolgerin ist seit Juli 2021 die Tierärztin Frau Angelika Cechini. Sie arbeitete zuvor in einer spezialisierten Tierarztpraxis für Schweine im Osnabrücker Land und bringt mehrere Jahre Praxiserfahrung in den hessischen SGD ein. Ein Schwerpunktthema wird die drohende Gefahr durch die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest sein. Der Eutergesundheitsdienst (EGD) konnte im Mai 2021 mit Frau Dr. Rebecca Bonke eine spezialisierte Fachtierärztin für Mikrobiologie sowie für Lebensmittelhygiene gewinnen und damit das Team erweitern. Als Teil der Abteilung II (Veterinärmedizin) des LHL arbeiten die Tierärztinnen der Tiergesundheitsdienste zudem eng mit technischen Fachkräften und Tierärzt*innen der Fachbereiche Pathologie, Bakteriologie und Virologie zusammen.
Vernetzung in der Tierseuchen-Bekämpfung
Die Gesunderhaltung der hessischen Tierbestände ist eine gemeinschaftliche Aufgabe. Es geht nicht zuletzt darum, Tiere vor unnötigem Leid zu schützen, die Gefahren durch Infektionskrankheiten abzuwehren und eine gesunde Grundlage für sichere und hochwertige Lebensmittel zu schaffen. Aus diesem Grund werden einzelne Leistungen seitens der Hessischen Tierseuchenkasse (HTSK) finanziell unterstützt. So wird beispielsweise die Hinzuziehung eines Tiergesundheitsdienstes bei Bestandsproblemen durch die HTSK gefördert. Dazu muss ein gemeinsam mit den betreuenden Hoftierärzt*innen ausgefüllter „Antrag auf Inanspruchnahme“ bei der Tierseuchenkasse eingereicht werden, um eine Übernahme von 80% der Kosten zu erhalten. Diese Förderung steht jedem Betrieb zu, der die erforderlichen Beiträge an die HTSK entrichtet hat und gilt bis zu bestimmten Deckelungsgrenzen. Des Weiteren können auch Privatpersonen Untersuchungen aus dem Leistungskatalog des LHL gegen Gebühr in Anspruch nehmen.