Radioaktives Cäsium
Am 26. April 1986 ereignete sich im Kernkraftwerk Tschernobyl in der Ukraine ein schwerer Unfall. Dadurch wurden große Mengen radioaktiver Stoffe in die Atmosphäre freigesetzt und in mehreren „Wolken“ über Europa verteilt. In Deutschland waren vom radioaktiven Fallout vor allem die Regionen südlich der Donau und der Bayrische Wald betroffen, aber auch einige Regionen im Norden Sachsen-Anhalts und im Westen Brandenburgs und Mecklenburgs. Hessen wurde dagegen nur in deutlich geringerem Ausmaß in Mitleidenschaft gezogen.
Von den freigesetzten Nukliden spielt in Mitteleuropa inzwischen nur noch das relativ langlebige Cäsium-137 (Cs‑137) eine Rolle. Dieses Radionuklid ist auf Grund seiner Halbwertszeit von etwa 30 Jahren seit 1986 bis heute nur zu etwa der Hälfte zerfallen. Neben dem Kernreaktor von Tschernobyl stellen die Kernwaffentests der 60er-Jahre eine weitere Quelle für die Umweltkontamination mit Cs‑137 dar. Die durch den Reaktorunfall freigesetzte Menge an Cs‑137 beträgt zwar nur etwa 1/10tel der Menge, die bei allen oberirdischen Kernwaffentests freigesetzt wurde, konzentriert sich allerdings auf eine kleinere Fläche (Europa).
Cs‑137 wird in landwirtschaftlich genutzten Böden so stark an die vorhandenen Tonminerale gebunden, dass die Pflanzen es kaum über die Wurzeln aufnehmen können. Ganz anders stellt sich die Situation bei den Böden des Waldes dar, welche im Gegensatz zu landwirtschaftlichen Nutzflächen nicht umgepflügt und gedüngt werden. Cs-137 bleibt in diesen sehr wirkungsvollen Nährstoffkreisläufen eingebunden und wandert deshalb nur langsam in die mineralischen Bodenschichten ab, wo es ähnlich wie auf landwirtschaftlichen Böden durch Tonminerale gebunden werden kann. Insbesondere in den organischen Auflageschichten der Waldböden, die aus sich zersetzender Streu gebildet werden, ist Cs-137 leicht verfügbar und wird schnell durch Bodenorganismen, Pilze und Pflanzen aufgenommen.
Besonders Pilze können durch ihr weitverzweigtes unterirdisches Geflecht (Myzel) Cs‑137 aus der Umgebung aufsammeln. Die Belastung der Pilze hängt dabei sowohl von der Konzentration des Nuklids in ihrer Umgebung als auch vom speziellen Anreicherungsvermögen der jeweiligen Pilzart ab.