Bohnen aus Kenia

IN-AND-OUT - die EU-Karriere der kenianischen Bohnen

Pflanzliche Lebensmittel aus Drittländern werden bei der Einfuhr in die EU verstärkt kontrolliert werden, wenn bekannt ist, dass ein erhöhtes Risiko für eine Belastung mit Schadstoffen besteht. Am Beispiel der kenianischen Bohnen, bei denen immer wieder erhöhte Pestizidgehalte festgestellt wurden, wird die Verfahrensweise erläutert.

Kontrollsystem bei der Einfuhrkontrolle pflanzlicher Lebensmittel aus Drittstaaten

Seit über zehn Jahren sorgt eine Verordnung der EU-Kommission (KOM, Generaldirektion für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit) für ein mittlerweile bewährtes Kontrollsystem bei der Einfuhrkontrolle pflanzlicher Lebensmittel: In Drittländern erzeugte pflanzliche Lebensmittel, welche sich EU-weit als belastet herausgestellt haben, müssen bei der Einfuhr in das Gebiet der EU (zu Lande, zu Wasser oder zu Luft) verstärkt am Ort der ersten Einfuhr auf ein bekanntes (erkanntes) Risiko kontrolliert werden. In den Anhängen der VO (EU) 2019/1793 findet sich eine umfangreiche Liste mit verstärkt zu kontrollierenden Warenarten aus den Bereichen Frischobst, Frischgemüse und -kräuter, Nüsse, Trockenfrüchte, Gewürze und Würzsaucen, Reis, Speiseöl, Instantnudeln, Tee und Zusatzstoffe/Verdickungsmittel aus zur Zeit  37 Ursprungsländern (Argentinien, Aserbaidschan, Ägypten, Äthiopien, Bangladesch, Bolivien, Brasilien, China, die Dominikanische Republik, Gambia, Georgien, Ghana, Honduras, Indien, Indonesien, Iran, Kambodscha, Kenia, Libanon, Madagaskar, Malaysia, Marokko, Mexiko, Nigeria, Pakistan, Senegal, Sierra Leone, Sri Lanka, Sudan, Südkorea, Syrien, Thailand, Türkei, Uganda, USA, Usbekistan und Vietnam).

Erfassung und dank kontinuierliche Evaluierung auch schnelle Auslistung möglich

Diese EU-weit erhobenen Kontrolldaten werden von den Mitgliedsstaaten im TRACES-System digital erfasst und von KOM permanent evaluiert. Auf Basis dieser Daten wird die Liste der verstärkt zu kontrollierenden Lebensmittel halbjährlich überarbeitet. Somit kann KOM schnell und flexibel auf neue Risiken („emerging risks“) reagieren. Gleichzeitig bietet die regelmäßige Überarbeitung die Chance betroffener Warenarten auch wieder zu streichen, nämlich immer dann, wenn die Evaluierung der Kontrollergebnisse zeigt, dass über einen längeren Zeitraum kaum noch Beanstandungen aufgetreten sind. Dies ist für die betroffenen Drittländer natürlich ein starker Anreiz, durch verbesserte Anbau- und Kontrollstrukturen und somit verbesserte Kontrollergebnisse die Listung in der Verordnung rückgängig zu machen. Denn die verstärkten Kontrollen an der Grenze stellen ein erhebliches Hindernis für einen reibungslosen Export dieser Agrarwaren in die EU dar, nicht zuletzt deshalb, weil alle bei den Behörden entstehenden Kosten der Kontrollen, einschließlich der Laborkosten, durch den Importeur bezahlt werden müssen.

Untersuchungen auf Pestizide, Mykotoxine, Salmonellen, nicht zugelassene Farbstoffe

Diese Waren müssen nun mit vorgegebenen Probenahmefrequenzen von bis zu 50 Prozent der ankommenden Sendungen auf das bekannte bzw. erkannte Risiko wie beispielsweise Pestizide, Mykotoxine, Sulfite, nicht zugelassene Farbstoffe oder Salmonellen untersucht werden. Die Kontrollen (Probenahme und Analyse) finden durch die Lebensmittelbehörden an dafür speziell zugelassenen Grenzkontrollstellen statt. Beprobte Sendungen können erst verzollt und somit in den freien Warenverkehr überführt werden, wenn ein – negativer – Untersuchungsbefund vorliegt. Negativ heißt in diesen Fällen, dass keine belastenden Inhaltsstoffe gefunden wurden und deshalb die Verkehrsfähigkeit in Bezug auf die untersuchten Parameter bescheinigt wird. In den Fällen, in denen die Untersuchungen die Nichtverkehrsfähigkeit der Waren ergeben, wird die betroffene Ware von der Einfuhr zurückgewiesen – der Weg in den EU-Binnenmarkt und somit letztendlich in unsere Supermärkte oder Restaurants bleibt den Verbrauchern erspart.

Kenia-Bohnen fallen TGSH am Frankfurter Flughafen mit hoher Pestizidbelastung negativ auf

Die Tierärztliche Grenzkontrollstelle (TGSH) am Frankfurter Flughafen als Fachabteilung V des Hessischen Landeslabors ist eine zugelassene Grenzkontrollstelle. An der Grenzkontrollstelle der ersten Ankunft in die Union müssen die Waren angemeldet und, je nach Entscheidung durch die TGSH, beprobt und im Labor analysiert werden (Abbildung 1).

Bohnen aus Kenia bei Anlieferung am Flughafen
Abbildung 1: Bohnen aus Kenia verpackt in Kartons

Neben diesen gezielten Kontrollen werden nach dem Stichprobenprinzip auch Proben von am Frankfurter Flughafen ankommendem Obst und Gemüse genommen, welche nicht der oben beschriebenen Vorführpflicht unterliegen. Diese werden zum überwiegenden Teil auf Pestizide untersucht. Eine dieser Warenarten, welche sich dabei als besonders risikobehaftet herausgestellt haben, sind Bohnen aus Kenia. In den oben genannten Stichprobenkontrollen waren diese mit hohen Pestizidbelastungen aufgefallen: Jede dritte beprobte Sendung war mit den Pflanzenschutzmitteln Dimethoat und Omethoat weit über den gesetzlichen Höchstmengen aufgefallen und somit nicht verkehrsfähig. Diese Ergebnisse wurden an KOM gemeldet, woraufhin kenianische Bohnen im Januar 2013 als vorführpflichtig gelistet wurden: Zehn Prozent der ankommenden Sendungen mussten von da an auf Pestizide untersucht und solange an der Grenze festgehalten werden, bis das (entlastende) Untersuchungsergebnis vorlag. Andernfalls wurde die Ware unter amtlicher Aufsicht zurückgeschickt oder vernichtet. Die Untersuchungs-  und alle weiteren entstehenden Kosten waren, wie bereits erwähnt, durch den Importeur zu tragen.

In Kenia wurden daraufhin große Anstrengungen unternommen, um die Pestizidbelastung zu verringern: Maßnahmen wie Schulung und Auditierung der Anbaubetriebe, neue Techniken der Pestizidausbringung, Rückverfolgbarkeit usw. wurden etabliert. Angesichts dieser Tonnagen und der Tatsache, dass die Bohnen auch von Kindern verzehrt werden, ist dies ein wichtiger Beitrag zum Schutz der europäischen Verbraucher vor stark pestizidbelasteten Grundnahrungsmitteln.

Die Pestizidbelastung und somit auch die EU-weiten Beanstandungsquoten gingen in den Folgejahren tatsächlich stark zurück, auf rund zwei Prozent. Daraufhin wurden die Bohnen im Juli 2015 ausgelistet. Die Kenia-Bohnen konnten ab diesem Zeitpunkt wieder ohne Sonderkontrollen in die EU exportiert werden.

Weitere Stichprobenkontrollen an der TGSH zeigten wieder erhöhten Pestizidgehalt

An der TGSH gingen die Kontrollen indes weiter und zwar im Rahmen von Stichprobenkontrollen (Abbildung 2).

Untersuchung von Bohnen aus Kenia im Labor
Abbildung 2: Untersuchung von Bohnen aus Kenia im Labor

Bei der Untersuchung auf Pestizide überprüft das entsprechende Fachlabor des LHL das Vorhandensein von über 400 verschiedenen Wirkstoffen. Diese Analysen ergaben bei den Kenia-Bohnen in 2017 und 2018 erneut deutliche Belastungen mit Pestiziden, wobei nun nicht die Wirkstoffe Omethoat und Dimethoat der Grund waren, sondern Acephat, Methamidophos und Metalaxyl. In 2018 waren von 15 Proben sieben (und damit fast jede zweite) wegen gesicherter Höchstmengenüberschreitung nicht verkehrsfähig. Auch diese Ergebnisse wurden von Deutschland an KOM gemeldet und diese listete die Bohnen zum 1. Januar 2019 wieder als vorführ- und untersuchungspflichtig ein.

Eine nicht unumstrittene Entscheidung, gab es doch deutliche Vorbehalte insbesondere aus Großbritannien, das innerhalb der EU zu den größten Abnehmern der Kenia-Bohnen zählt. Auch gab es erheblichen Widerstand aus Kenia selbst, welches die erneuten Importhindernisse zu verhindern suchte. Doch die gute und enge Zusammenarbeit von Länder- und Bundesbehörden führte zur Umsetzung der Listung. (Gedankt sei in diesem Zusammenhang auch den Kolleginnen und Kollegen des BMEL (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft), welche sich bei den Telefonkonferenzen zwischen Brüssel und Bonn nicht von der unbedingten Notwendigkeit der Listung abbringen ließen.)

Zwischenbilanz seit Januar 2019

Die Listung zum 1. Januar 2019 ist nun drei Jahre her - lange genug, um eine Zwischenbilanz zu ziehen. Die Bohnen wurden damals mit der niedrigsten möglichen Kontrollfrequenz gelistet und ein Entgegenkommen der KOM angesichts der erwähnten Widerstände war. Die von da an EU-weit erhobenen Kontrolldaten indes zeigten von Beginn an die gleichen Belastungen, wie sie in Frankfurt festgestellt wurden. Dies zusammen mit einem hohen Anteil beanstandeter Sendungen veranlasste KOM im Sinne ihres risikoorientierten Kontrollsystems dazu, die Kontrollfrequenz zu erhöhen. Die aktuellen Daten aus 2021 zeigen, dass im Moment an eine erneute Auslistung nicht zu denken ist, denn die zu hohe Belastung mit Pestiziden in den Kenia-Bohnen besteht nach wie vor.

Seit dem EU-Austritt Großbritanniens nimmt die Einfuhr der Bohnen über Frankfurt ab

Zum 1. Januar 2021 ist Großbritannien endgültig aus der EU ausgetreten und damit nicht mehr Teil des EU-Binnenmarktes und der Zollunion. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde ein großer Teil der für Großbritannien bestimmten Kenia-Bohnen per Flugzeug in Frankfurt eingeflogen, dort an der TGSH als zuständiger Grenzkontrollstelle angemeldet und den vorgeschriebenen Kontrollen unterzogen. Die freigegebenen Bohnen waren dann ein Teil des EU-Binnenmarktes und wurden ohne weitere Kontrollen per LKW nach Großbritannien transportiert. Diese „britischen“ Bohnen fallen nun für die Grenzkontrollstelle der TGSH nicht mehr an. In der Folge ist die Menge der über Frankfurt eingeführten Bohnen stark zurückgegangen: Von 1.600 Tonnen in 2019 zu 161 Tonnen in 2021, wobei für den Rückgang sicherlich auch die durch die Corona-Krise erschwerten Frachtbedingungen mit ursächlich sind.

Fazit: Kontrollergebnisse beeinflussen Verbraucherschutzverordnungen

Anhand der Kontrollen der kenianischen Bohnen wird deutlich, dass Daten und Kontrollergebnisse, die an der „Basis“, in diesem Fall vom Hessischen Landeslabor an der Grenzkontrollstelle des Frankfurter Flughafens, erhoben werden, über die Länder- und Bundesbehörden in direkter Linie zu den Fachgremien der EU gelangen und in europäischen Verbraucherschutzverordnungen inhaltlich umgesetzt werden. Eine Motivation für das gesamte Team der TGSH und den Fachlabors des LHL, die Kontrollen in bewährter Manier weiterzuführen.